5.5 Neutralisationsreaktion
Allgemeines
Eine wässrige Lösung wird als neutral bezeichnet, wenn die Konzentration der Hydronium-Ionen gleich der Konzentration der Hydroxid-Ionen ist. Beide Konzentrationen betragen 10-7 mol/l.
Ist eine Lösung sauer oder alkalisch, kann sie durch Zugabe von Lauge bzw. Säure neutralisiert werden. Ist die Lösung sauer, so muss eine der Zahl der Hydronium-Ionen äquivalente (gleiche) Menge Hydroxid-Ionen zugeführt werden.
Das Produkt der Neutralisation ist Wasser: H3O+ + OH- ⟶ 2 H2O DHm = -57,3 kJ/mol
Neutralisationsreaktionen sind also exotherm. Das Produkt einer Neutralisationsreaktion ist ein Salz und Wasser:


© Belinda Flemming: Neutralisation – Reaktion von Oxonium- mit Hydroxid-Ionen unter Energieabgabe, CC BY-SA
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Neutralisationstitration
Praktisch verfährt man so, dass ein bestimmtes Volumen der zu neutralisierenden (zu titrierenden) Lösung abgemessen wird und in einen Erlenmeyer-Kolben gebracht wird. Mit Hilfe einer Bürette wird tropfenweise Lauge zugeführt, bis die Lösung neutral geworden ist. Der Neutralpunkt (besser: Äquivalenzpunkt) kann entweder durch den Farbumschlag eines Indikators erkannt werden, der der Säure zugesetzt worden ist, oder durch Verwendung einer pH-Meters. (Der Äquivalenzpunkt entspricht nur dem Neutralpunkt, also pH 7, bei Reaktionen zwischen starken Säuren und Basen).
Die Lösung in der Bürette besitzt eine bekannte Konzentration und heißt daher Maßlösung. |
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Beispiel:
20 ml Schwefelsäure unbekannter Konzentration werden mit Natronlauge der Konzentration 0,1 mol/l titriert. Als Indikator wird Phenolphthalein verwendet. Der Indikator wird der Säure zugesetzt und ist im Sauren farblos. Die Lauge wird zugetropft, bis eine bleibende Rosafärbung auftritt. Der Verbrauch an Lauge wird an der Bürette abgelesen und beträgt 40 ml.
Die Reaktionsgleichung kann als Stoffgleichung oder als Ionengleichung formuliert werden:
Stoffgleichung: H2SO4 + 2 NaOH ⟶ Na2SO4 + 2 H2O
Ionengleichung: 2 H3O+ + SO42– + 2 Na+ + 2 OH– ⟶ 2 Na+ + SO42– + 4 H2O
Aus den Gleichungen ist ersichtlich, dass zur Neutralisation von einem Mol Schwefelsäure zwei Mol Natronlauge erforderlich sind, denn die Schwefelsäure liefert bei der Protolyse zwei Hydronium-Ionen pro Molekül.
H2SO4 + 2 H2O ⟶ 2 H3O+ + SO42–
Die Konzentration der Säure kann über folgende Formel berechnet werden:
| x . cS . vS = y . cL . vL |
Dabei bedeuten:
x = Protonigkeit der Säure (HCl: x = 1; H2SO4: x = 2)
cS = Konzentration der Säure
vS = Volumen der Säure
y = Zahl der Hydroxid-Ionen pro Formeleinheit der Lauge (NaOH: y = 1, Ca(OH)2: y = 2)
cL = Konzentration der Lauge
vL = Volumen der Lauge
Im Beispiel berechnet sich die Konzentration der Säure zu
Indikatoren
Es handelt sich um Stoffe, die in verschiedenen pH-Bereichen unterschiedliche Farben aufweisen. Solche Substanzen findet man auch in der Natur. Viele Blütenfarbstoffe wechseln die Farbe in Abhängigkeit vom pH. Blaue Glockenblumen werden in Säure rot.
In der Chemie verwendet man Indikatorlösungen oder Indikatorpapiere. Man unterscheidet zwischen reinen Indikatoren und Universalindikatoren, die ein geschickt zusammengestelltes Indikatorgemisch darstellen und über einen weiten pH-Bereich eingesetzt werden können. Indikatoren schlagen in unterschiedlichsten pH-Bereichen um (Erklärung weiter unten). Dabei ist der der pH-Bereich angegeben, in dem man den Farbwechsel wahrnehmen kann:
| Indikator | Farbe 1 | pH-Umschlagsbereich | Farbe 2 |
| Methylorange | rot | 3,1 – 4,4 | gelb |
| Lackmus | rot | 5,0 – 8,0 | blau |
| Bromthymolblau | gelb | 6,0 – 7,6 | blau |
| Phenolphthalein | farblos | 8,2 – 10,0 | pink |
Indikatorgleichgewicht
Indikatoren sind schwache Säuren. Demnach stellt sich in einer Indikatorlösung ein chemisches Gleichgewicht ein. Die Indikatorsäure (HInd) steht im Gleichgewicht mit der konjugierten Indikatorbase (Ind–).
HInd + H2O
H3O+ + Ind–
HInd weist dabei die Farbe 1 auf, Ind– die Farbe 2.

© Belinda Flemming: Indikator Phenolphthalein im sauren (links) und im alischen Milieu (rechts), CC BY-SA
Liegt der pH-Wert einer wässrigen Lösung deutlich unterhalb des pH-Umschlagsbereiches, so ist das Gleichgewicht extrem nach links verschoben, liegt er oberhalb, so ist das Gleichgewicht extrem nach rechts verschoben. Am Umschlagspunkt des Indikators ist von der Indikatorsäure und der Indikatorbase jeweils gleich viel vorhanden, also c(HInd) = c(Ind–). Es stellt sich folglich die Mischfarbe aus Farbe 1 und 2 ein. Bei Bromthymolblau ist dies z.B. grün. Da nun Indikatoren schwache Säuren sind, besitzen sie auch unterschiedliche KS-Werte.

Wenn am Umschlagspunkt c(HInd) = c(Ind–), dann gilt auch:
oder
pKS(HInd) = pH
In anderen Worten: Kennt man den KS-Wert des Indikators, so kenn man auch den pH-Wert, an dem der Indikator umschlägt. Dass dies für die Vielzahl der existierenden Indikatoren nicht immer derselbe pH-Wert ist, liegt auf der Hand.
