2.1.4 Periodische Eigenschaften im Periodensystem der Element

Atomradien

Eine Reihe von Elementeigenschaften ändert sich in regelmäßiger Weise im Periodensystem. Die Atomradien nehmen in den Perioden nach rechts hin ab und in den Gruppen nach unten hin zu. Es bleibt aber die Frage, wie man Atomradien von Teilchen bestimmt, die keine definierte Ausdehnung besitzen (vgl. Definition des Orbitalbegriffs). Man behilft sich, indem man bei Metallen durch Röntgenstrukturanalyse den halben Kern-Kern-Abstand als Atomradius bestimmt, bei Nichtmetallen die halbe Bindungslänge einer Atombindung, ebenfalls definiert als Kern-Kern-Abstand in einem Molekül. (Komplizierter werden die Verhältnisse, will man Ionenradien bestimmen).

Die Atomradien sind in folgender Übersicht in pm angegeben:
(Das kleinste Atom ist das Wasserstoffatom mit 37 pm.)

Die Zunahme der Atomradien in den Gruppen, etwa H – Li – Na – K, ist leicht erklärbar, da von Element zu Element jeweils eine Schale in der Elektronenhülle hinzu kommt. Weniger offensichtlich ist die Abnahme der Atomradien innerhalb der Perioden. Von Element zu Element steigt die Kernladung. Es kommt jeweils ein Proton im Atomkern hinzu. In der Elektronenhülle nimmt die Elektronzahl zwar auch jeweils um eins zu, jedoch werden alle in einer Periode hinzu kommenden Elektronen jeweils in dieselbe Schale eingebaut. Dadurch steigt die Anziehungskraft des Kerns auf die Elektronenhülle. Es kommt zur Abnahme der Atomradien.

Ionisierungsenergien

Unter Ionisierungsenergie versteht man die zur Abspaltung eines oder mehrerer Elektronen von einem Atom erforderliche Energie. Sie wird üblicherweise in Elektronenvolt (eV) angegeben.

1 eV = 1,60219 . 10-19 J

Ionisierungsenergien lassen sich auf zweierlei Weise erhalten, entweder durch Elektronenbeschuss eines Gases oder aus Emissionsspektren (vgl. Linienspektren). Die in der Tabelle angegebenen Werte beziehen sich jeweils auf ein einzelnes Atom. Gelegentlich bezieht man sich aber auch auf 1 mol Atome. Man muss die Werte dazu mit dem Faktor 6,022 . 1023 multiplizieren.

Ionisierungsenergien (eV) für das 1. bis 10. abgespaltene Elektron
Symbol 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
H 13,6
He 24,6 54,4
Li   5,4 75,6 122,4
Be   9,3 18,2 153,9 217,7
B   8,3 25,1   37,9 259,3 340,1
C 11,3 24,4   47,9   64,5 391,9 489,8
N 14,5 29,6   47,4   77,5   97,9 551,9 666,8
O 13,6 35,2   54,9   77,4 113,9 138,1 739,1 871,1
F 17,4 35,0   62,6   87,2 114,2 157,1 185,1 953,6 1100,0
Ne 21,6 41,0   64,0   97,1 126,4 157,9 207,0 238,0 1190,0 1350,0
Na   5,1 47,3   71,6   98,9 138,6 172,4 208,4 264,1   299,9 1460,0
Mg   7,6 15,0   80,1 109,3 141,2 186,7 225,3 266,0   328,2   367,0
Al   6,0 18,8   28,4 120,0 153,8 190,4 241,9 285,1   331,6   399,2
Si   8,1 16,3   33,5   45,1 166,7 205,1 246,4 303,2   349,0   407,0
P 11,0 19,7   30,1   51,4   65,0 220,4 263,3 309,2   380,0   433,0
S 10,4 23,4   35,0   47,3   72,5   88,0 281,0 328,8   379,1   459,0
Cl 13,0 23,8   39,9   53,5   67,8   96,7 114,3 348,3   398,8   453,0
Ar 15,8 27,6   40,9   59,8   75,0   91,3 124,0 143,5   434,0   494,0
K   4,3 31,8   46,0   60,9   83,0 101,0 120,0 155,0   176,0   501,4
Ca   6,1 11,9   51,2   67,0   84,0 111,0 127,0 151,0   189,0   211,4

Es zeigen sich folgende Regelmäßigkeiten:

1. Innerhalb einer Periode (z.B. Li bis Ne) nimmt die Ionisierungsenergie für das jeweils erste entfernte Elektron zu. Erklärung: Die Außenelektronen der Elemente einer Periode liegen alle auf derselben Schale. Die Kernladung nimmt jedoch von Element zu Element zu und zieht die Elektronhülle stärker an (vgl. Atomradien). Damit muss zunehmend mehr Energie für die Abspaltung eines Elektrons aufgewendet werden.

2. Spaltet man von einem Atom mehr als ein Elektron ab, so nimmt die erforderliche Ionisierungsenergie von Elektron zu Elektron zu. Die Erklärung liegt in der konstant bleibenden Kernladung (Protonenzahl), die nach dem Entfernen von Elektronen auf zunehmend weniger Elektronen wirkt, die verbleibenden also stärker anzieht.

3. Bei der Abspaltung von zunehmend mehr Elektronen von einem Atom treten Energiesprünge auf. So sind zur Entfernung des 3. Elektrons beim Aluminium 28,4 eV notwendig, zur Abspaltung des 4. Elektrons jedoch plötzlich 120 eV (siehe farbliche Hervorhebungen). Die Erklärung liegt in der Tatsache, dass die ersten drei Elektronen des Aluminiums von der 3. Schale (M-Schale) entfernt werden, das vierte Elektron jedoch von der nächst inneren, also der 2. Schale, entfernt werden muss. Damit befindet es sich aber auf einer kernnäheren „Bahn“ bzw. in einem energieärmeren Zustand. Es ist daher mehr Energie zu seiner Abspaltung erforderlich.

In der folgenden Abbildung sind die Ionisierungsenergien gegen die Ordnungszahlen (Atom-nummer) aufgetragen. Es zeigt sich, dass Alkalimetalle sehr geringe Ionisierungsenergien besitzen, damit also bereitwillig ihr Valenzelektron abgeben, während die Edelgase die höchsten Werte aufweisen.

First Ionization Energy.svg

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Innerhalb der Perioden (z.B. Lithium bis Neon) nehmen die Ionisierungsenergien i.Allg. zu. Innerhalb einer Gruppe nehmen sie ab. Gut zu erkennen ist dies bei den Edelgasen. Aber auch bei den Alkalimetallen (vgl. Ionisierungsenergien für das 1. Elektron der Elemente Li, Na, K in obiger Tabelle).

Elektronenaffinität

Man versteht darunter die Energie, die bei der Aufnahme eines Elektrons durch ein neutrales Atom frei wird oder aufgewendet werden muss. Die Größe der Elektronenaffinität wird durch die gleichen Faktoren bestimmt, die schon im Absatz über die Ionisierungsenergie besprochen worden sind.

Zwischen Elektronenaffinität und Ionisierungsenergie besteht folgende Beziehung:

Atom + Elektron Anion, z.B. Br + eBr

Tabelle der Elektronenaffinitäten ausgewählter Nichtmetalle:

Elektronenaffinitäten (kJ/mol)
H   – 72 O + 694
F – 344 S + 333
Cl – 365
Br – 346
I – 297

Die Bildung der einfach negativ geladenen Anionen (linke Spalte) geschieht exotherm (negatives Vorzeichen), die der zweifach negativ geladenen Anionen O2- und S2- geschieht stark endotherm (positives Vorzeichen).

Metallcharakter

Metalle sind Elektronendonatoren, d.h. sie geben in chemischen Reaktionen gerne Elektronen ab. Nichtmetalle sind Elektronenakzeptoren, d.h. sie nehmen in chemischen Reaktionen gerne Elektronen auf. Die Zahl der abgegebenen Elektronen entspricht bei Hauptgruppenmetallen häufig ihrer Valenzelektronenzahl. Bei Nichtmetallen wird die Valenzelektronenzahl auf acht ergänzt.

Dies lässt sich in Ionengleichungen darstellen:
Na → Na+ + e (Elektronenabgabe)
Mg → Mg2+ + 2 e (Elektronenabgabe)
O2 + 4 e– → 2 O2- (Elektronenaufnahme)
Cl2 + 2 e→ 2 Cl (Elektronenaufnahme)

Die Bereitwilligkeit der Metalle Elektronen abzugeben zeigt sich in ihren vergleichsweise geringen Ionisierungsenergien. Die Zunahme des Metallcharakters innerhalb der Gruppen spiegelt sich in der Abnahme der Ionisierungsenergien wider. Denn mit zunehmender Schalenzahl ist das Außenelektron eines Alkalimetalls immer weiter vom Kern entfernt und wird deshalb immer weniger stark angezogen. Man kann auch formulieren: Je mehr Schalen sich zwischen Kern und Außenelektron befinden, desto stärker wird dieses vom Einfluss des Kerns abgeschirmt.

Aus all dem folgt, dass der Metallcharakter in den Gruppen nach unten hin und in den Perioden nach links hin zunimmt. Somit findet man im Periodensystem unten links die „typischsten“ Metalle und oben rechts die „typischsten“ Nichtmetalle. Die Edelgase bleiben dabei unberücksichtigt. Das reaktivste Nichtmetall ist das Element Fluor.

Aus dem Verlauf von Metall- und Nichtmetallcharakter folgt, dass die Grenze zwischen Metallen und Nichtmetallen einen diagonalen Verlauf durch das Periodensystem nehmen muss. Entlang dieser Linie findet man die Halbmetalle Bor, Silicium, Arsen, Tellur. Aber auch Elemente wie Germanium, Selen und Antimon werden aufgrund ihrer Eigenschaften in diese Gruppe einbezogen. Wenig bedeutend ist das radioaktive Astat.

Leitfähigkeit

Metalle besitzen eine gute elektrische Leitfähigkeit. Ein einfaches Modell erklärt dies so: Metalle besitzen ein Gitter aus positiv geladenen Atomrümpfen, zwischen denen sich die Valenzelektronen wie ein „Gas“ frei bewegen können. Man spricht daher sogar bildhaft von einem „Elektronengas“. Legt man eine Spannung an das Metall an, so bewegen sich die Valenzelektronen zwischen die Atomrümpfen hindurch. Mit wachsender Temperatur nimmt die Leitfähikeit jedoch ab. Dies erklärt sich aus den stärker schwingenden Atomrümpfen, die die Elektronen in ihrer Beweglichkeit einschränken. Misst man die elektrische Leitfähigkeit der Metalle, so ergibt sich keine Korrelation mit dem Metallcharakter.

Die Tabelle gibt die elektrische Leitfähigkeit einiger Metalle an:

Elektrische Leitfähigkeit (104 Ohm-1.cm-1)
Li Be B
11,8 18
Na Mg Al Si
23 25 40
K Ca Ga Ge As
15,9 23 2,4
Rb Sr In Sn Sb
8,6 3,3 12 10 2,8
Cs Ba Tl Pb Bi
5,6 1,7 7,1 5,2 1,0

Die Halbmetalle zeigen eine messbare, aber geringe elektrische Leitfähigkeit, die mit steigender Temperatur zunimmt. Nichtmetalle sind Nichtleiter (Ausnahme: Graphit, eine Modifikation des Kohlenstoffs).