Verknüpfung der e-Funktion mit linearen bzw. quadratischen Funktionen
Viele Vorgänge in der Natur lassen sich nicht allein durch eine Exponentialfunktion beschreiben, sondern durch ein „Zusammenspiel“ aus ganzrationalen Funktionen UND Exponentialfunktionen. Mathematiker sprechen nicht nicht von einem „Zusammenspiel“, sondern von einer „Verknüpfung“.\(\newcommand{\IR}{\mathrm{I\!R}} \newcommand{\curvelinks}{\style{display: inline-block; transform: rotate(0.5turn);}{\curvearrowleft}}\newcommand{\abl}[1]{{#1}^{\large\prime}}\newcommand{\abb}[1]{{#1}^{\large\prime \prime}}\newcommand{\fs}[1]{{#1}^{\large\prime}}\newcommand{\fss}[1]{{#1}^{\large\prime \prime}}\)
Einschränkung
Die Kapitel-Überschrift verspricht viel mehr, als eigentlich gemeint ist. Tatsächlich werden in diesem Kapitel nur solche Funktionen betrachtet, deren Terme eine ganz bestimmt Form haben, nämlich:
\(f(x) = g(x)\cdot e^{h(x)} + y_0\)
Dabei ist
- \(g(x)\) ein linearer oder quadratischer Term.
- \(h(x)\) ein linearer oder quadratischer Term.
- \(y_0\) eine reelle Zahl.
Beispiele
Bitte klicken Sie die verschiedenen Schaltflächen an, um den jeweils zugehörigen Graphen zu sehen.
\(\)
Spezielle „Verknüpfungen“ von Funktionen
Allgemein gibt eine „Verknüpfung“ vor, auf welche Weise zwei Objekte miteinander „kombiniert“ werden sollen.
In diesem Kapitel stehen genau genommen nur drei verschiedene Arten von Verknüpfungen im Vordergrund, nämlich die Addition, die Mulitplikation und die Verkettung zweier Funktionen.
1) Addition von zwei Funktionen
Bei der Addition der Funktion \(g\) mit der Funktion \(h\)
- wird für jeden erlaubten Wert \(x\)
- der zugehörige Funktionswert \(g(x)\)
zum jeweiligen Funktionswert \(h(x)\)
addiert.
♦ Das Verknüpfungzeichen ist das Pluszeichen \(+\).
♦ Schreibweisen:
- \(f = g+h\)
- \(f(x) = (g+h)(x) = g(x)+h(x)\)
Beispiel
\(g(x) = e^x, \quad h(x) = 5\)
\(f\) sei die Verknüpfung von \(g\) mit \(h\) mithilfe der Addition.
d.h.: \(f = g+h\)
\(\implies f(x) = (g+h)(x) = g(x)+h(x) = e^x+5\)
2) Multiplikation von zwei Funktionen
Bei der Multiplikation der Funktion \(g\) mit der Funktion \(h\)
- wird für jeden erlaubten Wert \(x\)
- der zugehörige Funktionswert \(g(x)\)
mit dem jeweiligen Funktionswert \(h(x)\)
multipliziert.
♦ Das Verknüpfungzeichen ist der Malpunkt \(\cdot\).
♦ Schreibweisen:
- \(f = g\cdot h\)
- \(f(x) = (g\cdot h)(x) = g(x)\cdot h(x)\)
Beispiel
\(g(x) = x^2, \quad h(x) = e^x\)
\(f\) sei die Verknüpfung von \(g\) mit \(h\) mithilfe der Mulitplikation.
d.h.: \(f = g\cdot h\)
\(\implies f(x) = (g\cdot h)(x) = g(x)\cdot h(x) = x^2\cdot e^x\)
3) Verkettung von zwei Funktionen
Bei der Verkettung der Funktion \(g\) mit der Funktion \(h\)
- wird zuerst der Term \(h(x)\) ausgewertet
- und anschließend das Ergebnis der Auswertung
als Argument in \(g(x)\) eingesetzt.
♦ Das Verknüpfungzeichen ist das Symbol \(\circ\).
♦ Schreibweisen:
- \(f = g\circ h\)
- \(f(x) = (g\circ h)(x) = g\big( h(x) \big)\)
♦ Bezeichnungen:
- \(g\) heißt „äußere Funktion der Verkettung“.
- \(h\) heißt „innere Funktion der Verkettung“.
Beispiele
\(g:x\mapsto \frac{1}{2} e^x, \quad h:x\mapsto 3-2x\)
1) \(p\) sei die Verkettung von \(g\) mit \(h\), d.h.: \(p=g\circ h\)
\(\ \ \Rightarrow\quad p(x) = g\big( h(x) \big) = g\big( 3-2x \big) = \frac{1}{2} e^{3-2x}\)
2) \(q\) sei die Verkettung von \(h\) mit \(g\), d.h.: \(q=h\circ g\)
\(\ \ \Rightarrow\quad q(x) = h\big( g(x) \big) = 3-2\cdot g(x)= 3-e^x\)
3) \(r\) sei die Verkettung von \(h\) mit \(h\), d.h.: \(r=h\circ h\)
\(\ \ \Rightarrow\quad r(x) = h\big( h(x) \big) = 3-2\cdot h(x)\)
\(\phantom{\ \ \Rightarrow\quad r(x)} = 3-2\cdot(3-2x) = -3+4x\)
Anwendung auf die hier betrachteten Funktionen
Wie bereits weiter oben angemerkt, werden in diesem Kapitel „nur“ Funktionen der Form \(f:x\mapsto g(x)\cdot e^{h(x)} + y_0\) betrachtet. Bei solchen Funktionen werden die vier Funktionen
- \(exp:x\mapsto e^x\)
- \(g:x\mapsto g(x)\)
- \(h:x\mapsto h(x)\)
- \(c: x\mapsto y_0\)
auf folgende Weise zu einer neuen Funktion \(f\) verknüpft:
- \(f = g \cdot (exp \circ h) + c\)
- \(f(x) = \big(g \cdot (exp \circ h) + c\big)(x)\)
Etwas verständlicher: \(f(x) = g(x) \cdot exp\big(h(x)\big) + c(x) = g(x) \cdot e^{h(x)} + y_0\)
Einfluss von \({g(x),}^\phantom{1}\) \({h(x)}^\phantom{1}\) und \({y_0}^\phantom{1}\) auf den Graphen von \({}f^\phantom{1}\)
Im folgenden Geogebra-Applet können Sie interaktiv untersuchen, auf welche Weise
- die Terme \(\color{blue}{g(x)}\) bzw. \(\color{magenta}{h(x)}\)
- und der Summand \(\color{Purple}{y_0}\)
den Graphen der Funktion \(\color{red}{f}: x\mapsto \color{blue}{g(x)}\cdot e^{\color{magenta}{h(x)}} + \color{Purple}{y_0}\) beeinflussen.
Versuchen Sie,
- die folgenden Fragen mithilfe des Geogebra-Applets zu beantworten
- und Ihre jeweilige Antwort zu begründen.
( ← zuerst anklicken! )
Variieren Sie den Wert von \(y_o\) und beschreiben Sie seinen Einfluss auf den Graphen von \(f\).
( ← zuerst anklicken! )
Nun soll der Einfluss des Terms \(h(x)\) auf den Faktor \(e^{h(x)}\) untersucht werden
(also noch OHNE den Faktor \(g(x)\)).
a) Untersuchen Sie, welchen Wert \(e^{h(x)}\) bei einer Nullstelle von \(h\) annimmt.
b) Untersuchen Sie, was mit dem Wert von \(e^{h(x)}\) passiert, wenn \(h(x)\) gegen \(+\infty\) bzw. gegen \(-\infty\) geht.
c) Geben Sie für \(h(x)\) den Term \(-x^2+1\) ein. Versuchen Sie dabei die Beobachtungen, die Sie bei a) und b) gemacht haben, zu bestätigen.
( ← zuerst anklicken! )
Nun soll untersucht werden, welchen Einfluss der Faktor \(g(x)\) auf den Graphen von \(\color{red}{f}: x\mapsto \color{blue}{g(x)}\cdot e^{\color{magenta}{h(x)}}\) hat.
Dabei soll \(y_0=0\) sein.
a) Ermitteln Sie einen Zusammenhang zwischen
- der Nullstelle (bzw. den Nullstellen) von \(f\) und
- der Nullstelle (bzw. den Nullstellen) von \(g\).
b) Untersuchen Sie, wie sich das Vorzeichen von \(g(x)\) auf den Graphen von \(f\) auswirkt.
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Nun soll das Verhalten von \(f(x)\) für \(x\to +\infty\) bzw. \(x\to -\infty\) beobachtet werden. Dabei soll \(y_0=0\) sein.
Untersuchen Sie, welchen Einfluss dabei
a) der Term \(h(x)\) hat.
b) der Term \(g(x)\) hat.
( ← zuerst anklicken! )
Bei den Aufgaben 3 und 4 wurde vorausgesetzt, dass \(y_0=0\) ist.
Wie müssen die Erkenntnisse aus den Aufgaben 3 und 4 formuliert werden, wenn \(y_0\neq 0\) ist?
Zusammenfassung der Beobachtungen
1 Bedeutung des Wertes \({y_0}^\phantom{1}\)
a) Verschiebung in \(y\)-Richtung
Vergleicht man die Funktionen
- \(f_0:x\mapsto g(x)\cdot e^{h(x)}\) und
- \(f:x\mapsto g(x)\cdot e^{h(x)} + \color{purple}{y_0}\),
so gibt der Wert von \(y_0\) an, wie weit der Graph von \(f_0\) in \(y\)-Richtung verschoben werden muss, um mit dem Graphen von \(f\) übereinzustimmen.
Eine Veränderung des Wertes von \(y_0\) bewirkt folglich eine Verschiebung des Graphen von \(f\) in \(y\)-Richtung.
b) Lage einer evtl. waagrechten Asymptote
Es gilt: \(f(x) = g(x)\cdot e^{h(x)}+\color{pruple}{y_0}\).
Eine waagrechte Asymptote gibt es nur, wenn \(h(x)\) in irgendeiner \(x\)-Richtung gegen \(-\infty\) läuft.
Dann kann man beobachten:
- Der Graph von \(f\) schmiegt sich an eine waagrechte Gerade mit der Gleichung \(y=y_0\) an.
- D.h.: Die Gerade mit der Gleichung \(y=y_0\) ist eine waagrechte Asymptote des Graphen von \(f\).
2 Einfluss von \({h(x)}^\phantom{2}\)auf den Faktor \({}e^{h(x)}\)
a) Wert von \(e^{h(x)}\) bei einer Nullstelle von \(h\)
Ist \(x\) eine Nullstelle von \(h\), so folgt \(h(x)=0\implies e^{h(x)}=e^0=1\).
\(e^{h(x)}\) nimmt bei einer Nullstelle von \(h\) also den Wert \(1\) an.
b) Globalverhalten von \(e^{h(x)}\) in Abhängigkeit von \(h(x)\)
Beobachtungen:
- Je weiter sich der Graph von \(h\) nach OBEN von der \(x\)-Achse entfernt,
desto weiter entfernt sich auch der Graph von \(e^{h(x)}\) nach OBEN von der \(x\)-Achse.
- Je weiter sich der Graph von \(h\) nach UNTEN von der \(x\)-Achse entfernt,
desto näher kommt der Graph von \(e^{h(x)}\) der \(x\)-Achse.
3 Einfluss von \({g(x)}^\phantom{1}\)auf den Graphen von \({f}^\phantom{1}\)
a) Nullstellen von \(g\)
\(G_f\) schneidet die waagrechte Asymptote genau bei den \(x\)-Koordinaten, bei denen \(G_g\) die \(x\)-Achse schneidet.
Spezialfall:
Wenn \(y_0=0\) ist, stimmen die Nullstellen von \(f\) mit den Nullstellen von \(g\) überein.
b) Vorzeichen von \(g(x)\)
Der Graph von \(f\)
- verläuft oberhalb der waagrechten Asymptote,
wo \(G_g\) oberhalb der waagrechten Asymptote liegt.
- verläuft unterhalb der waagrechten Asymptote,
wo \(G_g\) unterhalb der waagrechten Asymptote liegt.
4 Globalverhalten des Graphen von \({f}^\phantom{1}\)in Abhängigkeit von \({g(x)}^\phantom{1}\)und \({h(x)}^\phantom{1}\)
Beobachtungen
Einfluss von \(h(x)\):
- Je weiter sich der Graph von \(h\) nach OBEN in Richtung \(+\infty\) entfernt,
desto weiter entfernt sich der Graph von \(f\) von der waagrechten Asymptote
(ob nach oben oder nach unten, entscheidet das Vorzeichen von \(g(x)\)).
- Je weiter sich der Graph von \(h\) nach UNTEN in Richtung \(-\infty\) entfernt,
desto näher kommt der Graph von \(f\) der waagrechten Asymptote.
Einfluss von \(g(x)\):
- Es spielt keine Rolle, ob \(g(x)\) dabei gegen \(0\) oder gegen \(\pm\infty\) geht.
- Das Vorzeichen von \(g(x)\) entscheidet, ob sich der Graph von \(f\) oberhalb oder unterhalb der waagrechten Asymptote befindet.
Erinnerung:
Die waagrechte Asymptote hat die Gleichung \(y=y_0\). Falls also \(y_0\) den Wert \(0\) hat, so ist die \(x\)-Achse die waagrechte Asymptote.