Die allgemeine Exponentialfunktion

Im Normalfall muss eine exponentiell wachsende Größe \(y(x)\) bei Beobachtungsbeginn (zum Zeitpunkt \(x=0\))\(\newcommand{\IR}{\mathrm{I\!R}} \newcommand{\curvelinks}{\style{display: inline-block; transform: rotate(0.5turn);}{\curvearrowleft}}\newcommand{\abl}[1]{{#1}^{\large\prime}}\newcommand{\abb}[1]{{#1}^{\large\prime \prime}}
\newcommand{\fs}[1]{{#1}^{\large\prime}}\newcommand{\fss}[1]{{#1}^{\large\prime \prime}}\)

  • nicht den Wert \(1\) haben,
  • sondern kann irgendeinen anderen Anfangswert \(a\) haben, d.h. \(y(0) = a\).

Dann gilt bei einer exponentiell wachsenden Größe:

  • mit jedem Verstreichen von einer Zeiteinheit ver-\(b\)-facht sich die beobachtete Größe.
    z.B.: \(y(1) = a\cdot b\)
    z.B.: \(y(2) = a\cdot b\cdot b\)
  • D.h .: Nach dem Verstreichen von \(x\) Zeiteinheiten hat sich der Anfangswert \(a\) ver-\(\underbrace{b\cdot … \cdot b}_{\text{x Faktoren}}\)-facht.

Kurz: \(y(x) = a\cdot \underbrace{b\cdot … \cdot b}_{\text{x Faktoren}} = a\cdot b^x\)

Definition: „Allgemeine Exponentialfunktion“

Eine Funktion \(f:x\mapsto a\cdot b^x\) mit der Definitionsmenge \(D_f=\IR\) heißt
allgemeine Exponentialfunktion zur Basis \(b\).

Dabei hat

  • die Basis \(b\) einen konstanten, postiven reellen Wert, der aber nicht \(1\) ist, also \(b\in\IR^{+}\setminus\{1\}\).
  • der Vorfaktor \(a\) einen konstanten reellen Wert, der aber nicht \(0\) ist, also \(a\in\IR\setminus\{0\}\).

Im nebenstehende Beispiel ist die angegebene Funktion

  • keine Exponentialfunktion, sondern
  • eine allgemeine Exponentialfunktion,
    weil der Vorfaktor \(a\) nicht den Wert \(1\) hat.

Beispiel:

\(f:x\mapsto 4\cdot{0{,}5}^x\) mit \(D_f = \IR\) ist offenbar eine allgemeine Exponentialfunktion.

Beispiele für allgemeine Exponentialfunktionen

Beispiel 1:

Von einer Funktion \(g:x\mapsto g(x)\) mit der Definitionsmenge \(D_g=\IR\) sei nur bekannt, dass sie eine Exponentialfunktion ist.

Da \(g\) eine allgemeine Exponentialfunktion ist, lässt sich ihre Funktionsgleichung in dieser Form schreiben: \(g(x)=a\cdot b^x\).

1. Schritt:

Am Graphen von \(g\) ist erkennbar, dass

  • mit jedem Schritt um \(1\) in \(x\)-Richtung
  • sich die Funktionswerte von \(g\) halbieren.

Also gilt: \(g(1)=a\cdot 0{,}5\) und \(g(1)=a\cdot b^1= a\cdot b\).

Damit folgern wir: \(a\cdot b=a\cdot 0{,}5 \implies b = 0{,}5\).

 

 

2. Schritt:

Wir wählen einen geeigneten Punkt von \(G_g\) und setzen dessen Koordinaten in die Funktionsgleichung ein. Da der Schnittpunkt von \(G_g\) mit der \(y\)-Achse erkennbar ist, wählen wir diesen. Er lautet \((0|4)\). Also ist \(g(0)=4\).

Es gilt außerdem \(g(0)=a\cdot b^0=a\cdot 1=a\), somit folgt: \(a=4\).

Damit haben wir die Funktionsgleichung von \(g\) gefunden: \(g(x)=4\cdot 0{,}5^x\).

Beispiel 2:

Von einer Funktion \(h:x\mapsto h(x)\) mit der Definitionsmenge \(D_h=\IR\) sei nur bekannt, dass sie eine allgemeine Exponentialfunktion ist.

Da \(h\) eine Exponentialfunktion ist, lässt sich ihre Funktionsgleichung in dieser Form schreiben: \(h(x)=a\cdot b^x\).

1. Schritt:

Die Punkte \(A(2|1)\) und \(B(5|3)\) liegen auf \(G_h\), d.h.:

  • \(h(5) = 3 = a\cdot b^5\)
  • \(h(2) = 1 = a\cdot b^2\).

Es folgt: \(\dfrac{h(5)}{h(2)}=\dfrac{3}{1}=\dfrac{a\cdot b^5}{a\cdot b^2}=b^3\).

Also: \(b^3 = 3 \implies b = 3^{\frac{1}{3}}\).

 

 

2. Schritt:

Wir nutzen wieder, dass gilt: \(h(2) = 1 = a\cdot b^2\) und setzen den gefundenen Wert \(b = 3^{\frac{1}{3}}\) ein.
Es folgt: \( a\cdot \left(3^{\frac{1}{3}}\right)^2= a\cdot 3^{\frac{2}{3}}=1\) \(\implies a = \dfrac{1}{3^{\frac{2}{3}}} = 3^{-\frac{2}{3}}\)

Damit haben wir die Funktionsgleichung von \(h\) gefunden: \(h(x)=3^{-\frac{2}{3}} \cdot \left(3^{\frac{1}{3}}\right)^x\).

Bemerkung:

Den Potenzgesetzen zufolge kann man auch schreiben: \(h(x)=3^{\frac{1}{3}\cdot x-\frac{2}{3}}\). Dadurch wird zwar dieselbe Funktion beschrieben, aber der Funktionsterm liegt nicht mehr in der Form \(a\cdot b^x\) vor.

Graphen von allgemeinen Exponentialfunktionen

Im nebenstehenden Geogebra-Applet können Sie mithilfe der Schieberegler jeweils den Wert von \(a\) bzw. \(b\) verändern.

Versuchen Sie, mithilfe des Geogebra-Applets folgende Fragen zu beantworten.

a) Untersuchung der Rolle des Vorfaktors \(a\)

  • An welcher Stelle des Funktionsgraphen ist der Wert von \(a\) ablesbar?
  • Welchen Einfluss hat das Vorzeichen des Werts von \(a\) auf den Funktionsgraphen?
  • Welchen Einfluss hat der Wert von \(a\) auf den Funktionsgraphen?

b) Untersuchung der Rolle der Basis \(b\)

  • Wie verhält sich der Funktionsgraph, wenn der Wert von \(b\) größer als \(1\) ist?
  • Wie verhält sich der Funktionsgraph, wenn der Wert von \(b\) zwischen \(0\) und \(1\) ist?
  • Wie verhält sich der Funktionsgraph, wenn der Wert von \(b\) immer weiter gegen \(+\infty\) geschoben wird ?
  • Was passiert mit dem Funktionsgraphen, wenn man den Kehrwert von \(b\) als Basis wählt?
 

 

  • Beim Schnittpunkt mit der \(y\)-Achse kann man den Wert von \(a\) an der \(y\)-Koordinate ablesen.
  • Ist \(a>0\), so verläuft der Graph \(G_f\) oberhalb der \(x\)-Achse UND ist linksgekrümmt.
    Ist \(a<0\), so liegt der Graph \(G_f\) unterhalb der \(x\)-Achse UND ist rechtsgekrümmt.
    Dreht man das Vorzeichen von \(a\) um, so wird der Graph \(G_f\) an der \(x\)-Achse gespiegelt.
  • Je größer der Betrag von \(a\) ist, desto stärker wird der Graph \(G_f\) in y-Richtung gestreckt.
    Je kleiner der Betrag von \(a\) ist, desto stärker wird der Graph \(G_f\) in y-Richtung gestaucht.

Falls \(a>0\)  (d. h. \(G_f\)  verläuft oberhalb der \(x\)-Achse):

  • Für \(b>1\) ist der Graph \(G_f\) streng monoton steigend.
  • Für \(0<b<1\) ist der Graph \(G_f\) streng monoton fallend .
  • Lässt man die Basis \(b\) immer größer werden,
    so nähert sich der Graph \(G_f\) für \(x<0\) immer deutlicher der \(x\)-Achse an und für \(x>0\) verläuft \(G_f\) immer steiler nach oben.
  • Ersetzt man die Basis \(b\) durch ihren Kehrwert \(b^{-1}=\frac{1}{b}\),
    so wird der Graph \(G_f\) an der \(y\)-Achse gespiegelt.

Falls \(a<0\)  (d. h. \(G_f\)  verläuft unterhalb der \(x\)-Achse):

  • Für \(b>1\) ist der Graph \(G_f\) streng monoton fallend.
  • Für \(0<b<1\) ist der Graph \(G_f\) streng monoton steigend .
  • Lässt man die Basis \(b\) immer größer werden,
    so nähert sich der Graph \(G_f\) für \(x<0\) immer deutlicher der \(x\)-Achse an und für \(x>0\) verläuft \(G_f\) immer steiler nach unten.
  • Ersetzt man die Basis \(b\) durch ihren Kehrwert \(b^{-1}=\frac{1}{b}\),
    so wird der Graph \(G_f\) an der \(y\)-Achse gespiegelt.

Eigenschaften der Graphen von allgemeinen Exponentialfunktionen (Zusammenfassung)

Bei den Graphen von allgmeinen Exponentialfunktionen fällt auf, dass sie sich an die \(x\)-Achse „anschmiegen“. Wir werden sehen, dass, sobald man diese Graphen in \(y\)-Richtung verschiebt, sich die Graphen nicht mehr an die \(x\)-Achse anschmiegen, sondern an eine waagrechte „Hilfslinie“.

Solche Hilflinien, an die sich Funktionsgraphen anschmiegen, werden als Asymptoten bezeichnet.

Definition: „Asymptote“

Eine Gerade heißt Asymptote eines Funktionsgraphen,
wenn sich der Funktionsgraph an diese Gerade im Unendlichen „anschmiegt“.

Die Asymptote eines Funktionsgraphen ist somit eine Hilfslinie,
an die sich der Funktionsgraph für \(x\rightarrow -\infty\) oder für \(x\rightarrow +\infty\) immer weiter annähert.

Wichtig:

Ein Funktionsgraph darf seine Asymptote sehr wohl schneiden und darf sich von ihr im Endlichen auch wieder entfernen, aber „langfrisitg“ (also für \(x\rightarrow -\infty\) oder für \(x\rightarrow +\infty\)) muss der Abstand zwischen dem Funktionsgraphen und der Asymptote gegen \(0\) gehen.

Gegeben ist die Funktion \(f:x\mapsto a\cdot b^x\) mit der Definitionsmenge \(D_f=\IR\).
Der Graph von \(f\) wird mit \(G_f\) bezeichnet.

Überzeugen Sie sich mithilfe des nebenstehenden Geogebra-Applets von den folgenden Eigenschaften:

  • \(G_f\) schneidet die \(y\)-Achse im Punkt \((0|a)\).
  • \(G_f\) schneidet die \(x\)-Achse niemals, d.h. \(f\) besitzt keine Nullstellen.
  • Die \(x\)-Achse ist stets waagrechte Asymptote von \(G_f\).
  • Für \(b > 1\)  schmiegt sich \(G_f\)
    an die \(x\)-Achse für \(x\rightarrow -\infty\) an.
  • Für \(b \in ]0; 1[\)  schmiegt sich \(G_f\)
    an die \(x\)-Achse für \(x\rightarrow +\infty\) an.
  • Für \(a > 0\)
    – liegt \(G_f\) vollständig oberhalb der \(x\)-Achse,
    – ist \(G_f\) linksgekrümmt,
    – lautet die Wertemenge \(W_f=\IR^{+}\).
  • Für \(a < 0\)
    – liegt \(G_f\) vollständig unterhalb der \(x\)-Achse,
    – ist \(G_f\) rechtsgekrümmt,
    – lautet die Wertemenge \(W_f=\IR^{-}\).