3.2 Einfluss des Menschen auf Erbgut und Ökosysteme
3.2.1 Eingriffe des Menschen in den Evolutionsprozess
3.2.1.1 Allgemeines Prinzip zur Herstellung genetisch veränderter Bakterien
Durch gentechnische Verfahren kann fremdes Erbgut in Zellen eingeschleust werden. Als Zielzellen werden meist Bakterien verwendet. Zur Herstellung von künstlichem Insulin wird das entsprechende menschliche Gen in die Bakterien überführt und dort zur Produktion von Insulin verwendet.
Das Grundprinzip ist bei den meisten gentechnischen Veränderungen ähnlich und verläuft in folgenden Schritten.
a) Isolierung der Spender-DNA:
Zunächst muss die DNA, die übertragen werden soll, isoliert werden. Dazu zerstört man mechanisch und durch Enzyme alle Bestandteile der Zellen außer der DNA. Diese kann durch Ethanol ausgefällt werden. Durch sog. Restriktionsenzyme wird die DNA in kleine Stücke geschnitten, die ein oder wenige Gene enthalten. Restriktionsenzyme zerteilen die DNA in der Regel so, dass einsträngige Enden bleiben. Diese werden als Sticky Ends (klebrige Enden) bezeichnet.

Belinda Flemming: Schnittstelle des Restriktionsenzyms Eco R1, gemeinfrei
b) Bereitstellung eines geeigneten Vektors:
Vektoren sind Transportmittel zur Übertragung von Fremd-DNA. Im Fall der Bakterien kann man Plasmide (kleine ringförmige DNA-Stücke in Bakterienzellen) oder Viren verwenden. Das Plasmid muss mit dem gleichen Restriktionsenzym aufgeschnitten werden wir die Spender-DNA.
c) Verknüpfung von Spender-DNA und Plasmid:
Die Spender-DNA kann in das Plasmid eingebaut werden, da die Sticky Ends der verschiedenen DNA-Stücke genau zueinander passen. Die Verknüpfung erfolgt mit Hilfe von Ligasen. Als Ergebnis liegt wieder ein geschlossener Ring vor, der jetzt die fremde DNA enthält. Man spricht von einem Hybridplasmid.

Belinda Flemming: Herstellung eines Hybridplasmids, CC BY-SA 3.0
d) Einbau des Plasmids in eine plasmidfreie Bakterienzelle:
Durch chemische Behandlung mit einem Detergenz (Spülmittel u.dgl.) oder Calciumionen oder durch kurze elektrische Impulse wird die Zellwand der Bakterien für DNA durchlässig. Die Aufnahme eines Plasmids findet aber immer noch sehr selten statt, d.h. nur eine von ca. 10 Millionen Bakterien nimmt das Plasmid auf. Dies ist aufgrund der hohen Anzahl der Bakterien aber kein Problem, wenn eine Methode zur Identifizierung der veränderten Zellen zur Verfügung steht.
e) Identifizierung der Bakterien mit Plasmid:

Belinda Flemming: Zucht von Bakterien mit Hybridplasmid, CC BY-SA 3.0
Zunächst muss das Ausgangsplasmid mit Resistenzgenen für zwei Antibiotika (hier: Ampicillin und Tetracyclin) ausgestattet sein. Wenn die Bakterien auf eine Nährbodenplatte mit Ampicillin ausgebracht werden, können nur Bakterien wachsen, die ein Plasmid aufgenommen haben. Damit sind alle Bakterien ohne Plasmid aussortiert. Im nächsten Schritt wird mit einem Samtstempel ein Abdruck der Kolonien auf eine weitere Platte übertragen, die Tetracyclin enthält. Manche Kolonien fallen aus. Dies sind die gesuchten Bakterien mit Hybridplasmid. Sie können nun von der ersten Platte abgenommen und nach weiteren Tests zur Produktion von z.B. Insulin verwendet werden. Wenn das Restriktionsenzym die Plasmid-DNA im Bereich der Tetracyclin-Resistenz schneidet, wird dieses Gen nach dem Einbau der Fremd-DNA inaktiv sein. Die Bakterien sterben also auf der zweiten Platte.
3.2.1.2 Eingriff in das Genom des Menschen
Unter Gentherapie versteht man die Veränderung von menschlichem Erbgut mit dem Ziel der Heilung oder Linderung von Krankheiten.
Dabei muss zwischen der Keimbahntherapie und der somatischen Therapie unterschieden werden. Die Keimbahntherapie (genetische Veränderung von Ei- oder Samenzellen) ist in Deutschland verboten. Bei der somatischen Therapie werden Köperzellen in ihrer genetischen Zusammensetzung verändert. Dabei ist nur das einzelne Individuum betroffen und nicht die nachfolgenden Generationen.
Generell muss man zwischen zwei verschiedenen Verfahren unterscheiden:
Bei dem Ex-vivo-Verfahren werden dem Patienten Knochenmark- oder Hautzellen entnommen und außerhalb des Körpers kultiviert. Diese Zellen werden dann genetisch verändert, z.B. durch Einfügen des intakten Gens. Anschließend müssen die Zellen, die das Gen aufgenommen haben, selektiert und wieder vermehrt werden. Nur diese Zellen werden dem Patienten wieder injiziert.
Bei dem In-vivo-Verfahren werden dem Patienten keine Zellen entnommen, sondern die Erbinformation wird dem Körper ähnlich wie eine Impfung zugeführt. Dabei können veränderte Viren verwendet werden, die auch unter normalen Umständen ihr Erbgut in fremde Zellen einbringen. Wenn man das Erbgut der Viren entsprechend verändert hat, injizieren diese auch das gewünschte Gen. Dabei muss die Behandlung aber an genau definierten Stellen wirken, da sonst an den falschen Stellen im Körper unerwünschte Genprodukte hergestellt werden würden. Außerdem muss der Virus „entschärft“ werden, d.h. er selbst darf keine Krankheit auslösen.
3.2.1.3 Nutzen und Risiken gentechnischer Verfahren
Herstellung neuer oder verbesserter Medikamente:
Neben dem schon erwähnten Insulin und dem Gerinnungsfaktor VIII für Bluter werden mittlerweile eine ganze Reihe von weiteren Medikamenten gentechnisch hergestellt. Zu erwähnen sind hier beispielsweise Interferone und Interleukine, die in der Krebstherapie verwendet werden, Somatotropin (bisher aus Leichen isoliert), ein Hormon, das bei Kleinwuchs eingesetzt wird, sowie Stoffe, die gegen Herzinfarkt und Thrombosen wirksam sind. Außerdem werden viele Impfstoffe gentechnisch hergestellt.
Die Gentechnik ermöglicht die Darstellung von Proteinwirkstoffen, die bisher nicht produziert werden konnten. Zusätzlich können bisher auf anderem Wege bereitgestellte Medikamente sauberer und billiger hergestellt werden. Wenn die Wirkstoffe bisher aus Tieren gewonnen wurden, entfällt die Gefahr einer Kontamination mit tierischen Erregern, die auch für den Menschen gefährlich sein könnten. Außerdem können die gentechnisch produzierten Stoffe so modifiziert werden, dass sie verträglicher oder besser wirksam sind.
Als mögliche Gefahr muss angemerkt werden, dass eventuell veränderte Organismen in die Umwelt entweichen und sich unkontrolliert ausbreiten könnten. Dies soll durch Verwendung von Bakterienstämmen oder Zelllinien verhindert werden, die außerhalb des Labors nicht lebensfähig sind.
Erythropoetin (EPO) ist ein Wachstumsfaktor für rote Blutkörperchen, der ebenfalls gentechnisch hergestellt wird. EPO wird normalerweise in genügender Menge von den Nieren bereitgestellt. Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen, die sich einer Dialysebehandlung unterziehen müssen, können diese Substanz oft nicht mehr produzieren und leiden an Blutarmut. Bisher erhielten diese Patienten regelmäßig Bluttransfusionen, die ein gewisses Risiko an Infektionen beinhalten. Durch die Gabe von EPO wird die Produktion von roten Blutkörperchen wieder angeregt und zusätzliche Therapien entfallen. Dadurch wird die Lebensqualität der Patienten deutlich gesteigert. Die Behandlung war früher nicht möglich, da die einzige natürliche Quelle für EPO der menschliche Urin ist, in dem das Hormon aber in viel zu geringer Konzentration vorkommt. EPO wird aus isolierten, genetisch veränderten Hamsterzellen gewonnen. Aufgrund der relativ nahen Verwandtschaft des Hamsters mit dem Menschen ist das künstlich hergestellte EPO exakt identisch mit dem natürlichen. In letzter Zeit ist EPO als Dopingmittel in Verruf gekommen. Schätzungen zu Folge werden ca. 80% (!) der produzierten EPO-Menge nicht für den eigentlichen therapeutischen Zweck verwendet.
Steigerung der Erfolge in der Landwirtschaft:
Ähnlich wie bei Bakterien können auch bei Pflanzen Fremdgene eingeschleust werden. Möglich sind z.B. Resistenzen gegen bestimmte Schädlinge oder gegen Herbizide. Außerdem ist eine schnellere züchterische Anpassungen von Pflanzen an andere Klimabedingungen (Trockenheit, Hitze) oder eine Ausstattung mit neuen Geschmacksrichtungen denkbar.
Als mögliche Gefahr gilt z.B. die unkontrollierte Ausbreitung bestimmter Gene über den Pollenflug, wenn die Pflanzen im Freiland kultiviert werden. Außerdem kann man vermuten, dass der Einsatz von Herbiziden zunimmt, wenn die eigentliche Nutzpflanze dagegen resistent ist. Ferner kann sich eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Landwirtschaft von bestimmten Firmen ergeben, wenn nur diese ein bestimmtes Herbizid und das dagegen resistente Saatgut anbieten.
Gentechik und Umweltschutz:
Die Gentechnik kann helfen, Bakterien nutzbar zu machen, die in der Lage sind giftige Stoffe wie Dioxin oder Erdöl unschädlich zu machen. Durch die gentechnische Bereitstellung von Enzymen (Biokatalysatoren) ist oftmals eine sparsamere und damit umweltfreundlichere Produktion verschiedener Chemikalien möglich. Bei der Herstellung von Glucose-6-phosphat-dehydrogenase konnte der Produktionsprozess so optimiert werden, dass nur noch 0,1% der ursprünglichen Rohstoff- und Energiemenge benötigt werden.
3.2.2 Eingriffe des Menschen in Ökosysteme
Der Mensch greift in vielfältiger Weise in natürliche Ökosysteme ein. Je höher die Bevölkerungsdichte und die zivilisatorischen Ansprüche sind, umso höher wird auch die anthropogene Umweltbelastung sein. Vor allem dann, wenn der technische Standard eher geringer anzusiedeln ist. Umgekehrt ist der belastende Einfluss des Menschen auf Ökosysteme geringer, je geringer die Bevölkerungsdichte und die zivilisatorischen Ansprüche bei hohem technischem Standard sind.
Aus der Vielzahl von Eingriffsmöglichkeiten soll exemplarisch der Bereich Wassernutzung kurz betrachtet werden.
Wasser spielte für die Menschheit schön immer eine wichtige Rolle. Ohne Wasser kann der Mensch nur wenige Tage überleben. Diese Bedeutung wird durch die Rolle von Wasser in den Religion deutlich. Wasser gilt vielfach als heilig oder als Träger geheimnisvoller Lebenskraft. Geweihtes Wasser dient zur Übertragung von Segenskraft, rituelle Waschungen sollen vor Sünden reinigen und auf religiöse Handlungen vorbereiten. Auch die heilende Wirkung von Wasser ist seit vielen Jahren bekannt. Es wirkt sowohl von außen in Form von Bädern, Güssen oder Wickeln als auch von innen als Heilwasser.
Die wichtigste Bedeutung genießt Wasser als Lebensmittel. Der menschliche Körper besteht zu ca. 60% aus Wasser. Es ist somit der elementarste Stoff unserer Ernährung. Wir brauchen es täglich in genügender Menge und guter Qualität. Daneben wird Wasser zur Reinigung genutzt, zur Bewässerung in der Landwirtschaft, als Rohstoff, Lösungs- oder Kühlmittel, zur Energiegewinnung, als Transportweg und natürlich zur Freizeitbeschäftigung und Erholung.
Um Wasser als Trinkwasser nutzen zu können muss es in Deutschland hohen Qualitätsansprüchen genügen. Es muss nach der Trinkwasserverordnung klar, farblos, geruchlos, geschmacklich einwandfrei und frei von Krankheitskeimen oder gesundheitsschädlichen Stoffen sein. Für eine Reihe solcher Substanzen wurden Grenzwerte vorgeschrieben.
Trinkwasser wird hauptsächlich aus Grundwasser und Quellwasser gewonnen. Oberflächenwasser spielt heute eine untergeordnete Rolle. Zur Gewinnung aus Grundwasser dienen Brunnen. Im Umfeld solcher Trinkwasserquellen werden Schutzgebiete ausgewiesen, um die Qualität des Wassers zu schützen. In diesen Gebieten ist es verboten z.B. wassergefährdende Stoffe herzustellen, zu lagern oder zu transportieren. Die intensive Landwirtschaft insbesondere starker Gülleaustrag und Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln sind eingeschränkt.
Maßnahmen des Umweltschutzes:
Bei jedem Wassergebrauch entsteht Abwasser. Ein wichtiger Schritt zur Erhaltung des Lebensraums Wasser ist die Aufbereitung des vom Menschen abgegebenen Brauchwassers. Zur Reinigung dienen Kläranlagen, die heute dreistufig aufgebaut sind. Neben mechanischen werden biologische und chemische Verfahren eingesetzt, um das Abwasser aufzubereiten.
Fließschema einer Kläranlage
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By Rathmer – Own work, CC BY-SA 4.0, Link
Regeln für umweltbewusstes Verhalten:
Jeder Bundesbürger verbraucht im Haushalt pro Tag durchschnittlich 128 Liter sauberes Trinkwasser. davon fallen allein fast 50 Liter auf die Körperreinigung, etwa 35 Liter werden für Klospülung benötigt, um die 40 Liter werden für verschiedene Reinigungszwecke (Wäsche, Geschirr, usw.) genutzt. Nur fünf Liter dienen der Ernährung. Durch einen sparsameren Umgang mit Trinkwasser konnte der Verbrauch in den letzten 20 Jahren um rund 10 Prozent gesenkt werden. Weitere Einsparungen wären durch intensivere Nutzung von Regenwasser oder Brauchwasser möglich. Auch der Ersatz eines Vollbades durch die Dusche spart sehr viel kostbares Wasser ein.