Die Finanz- und Schuldenkrise in der EU

Die weltweite Finanzkrise und die Auswirkung auf die Euro-Staaten

Mit der weltweiten Finanzkrise, die 2008 ihren Höhepunkt mit der Pleite der Lehman-Bank in den USA fand, begannen weltweit die Banken, Versicherungen und Pensionskassen, ihre Anlagen und deren Risiken neu zu bewerten. Eine Folge war die Neubewertung von Staatsanleihen: Staaten mit einer hohen Verschuldung wurden als risikoreicher eingestuft als diejenigen Staaten, die eine geringere Verschuldung aufwiesen. Ein Land traf dies besonders hart, nämlich Griechenland. Waren die Zinsen seit der Einführung der gemeinsamen Währung deutlich gesunken, stiegen die Zinsen für griechische Staatsanleihen, mit denen das Land seinen Finanzierungsbedarf decken wollte, drastisch an (vgl. Statistik unten). 2010 war der Punkt erreicht, an dem Griechenland 110 Mrd. Euro Hilfskredite von der Euro-Gruppe und dem IWF annehmen musste, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Mit ähnlichen Finanzierungs-Problemen haben auch andere Länder in der Euro-Gruppe zu kämpfen: Spanien, Portugal, Italien und Irland, die ebenfalls auf Hilfen der Euro-Gruppe und des IWF angewiesen sind. Die Zinsentwicklung für Staatsanleihen zeigt diese Statistik:

Zinskonvergenz und -divergenz: Renditen 10-jähriger Staatsanleihen von Mitgliedern der Eurozone, 1993–2017 (EZB)

Zunächst gibt es zwischen den 17 betrachteten Staaten bis etwa 1995 noch deutliche Renditeunterschiede, die Bandbreite verringert sich aber zunehmend; um 2000 sind die Renditen fast auf gleicher Höhe, nachdem anschließend einige weitere Staaten aufgenommen werden wird das Spektrum 2002 zunächst wieder etwas weiter, bis schließlich auch diese um das Jahr 2006 in einem ca. 2,5-Prozenzpunkte-Spektrum zwischen 2,5 und 5 Prozent liegen. Ein erstes Auffächern lässt sich nach 2008 zur Finanzkrise feststellen, ab Ende 2009 (Beginn Eurokrise) werden die Differentiale immer größer, wobei insbesondere Griechenland nach oben ausbricht (Spitzenwert knapp unter 30 Prozent); der deutsche Wert unterliegt seit 2008/9 einem Abwärtstrend.
Von SpitzlEigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Die Frage, die sich der EU insgesamt und den Euro-Staaten im Besonderen stellt, lautet, wie weit die Hilfen der anderen Staaten gehen sollen und welche Forderungen die Geberstaaten dann stellen dürfen, die Ursachen der Krise (z.B. Staatsverschuldung senken) zu beseitigen. Eine höchst strittige Frage, die in den verschuldeten Ländern des Südens völlig anders gesehen wird als im wirtschaftlich starken Deutschland. Die einen erwarten Hilfe, Deutschland will Hilfe nur gegen harte Reformen (besonders im Sozialbereich) in den verschuldeten Staaten geben.

Im Juni 2012 haben die EU-Spitzen rund um EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy ein Reformpapier ausgearbeitet, das den Weg aus der Krise und zu einer vertieften Europäischen Union vorzeichnet. Der Vorschlag zielt auf einen kompletten Umbau der Währungsunion hin zu einer echten Haushalts- und Wirtschaftsunion. Kernstück soll eine Bankenunion sein, mit einer mächtigen Bankenaufsicht (unter Beteiligung der EZB), einer gemeinsamen Einlagensicherung für private Konten sowie eine von den Banken finanzierte Rettungseinrichtung für strauchelnde Geldhäuser. Das Konzept würde weitreichende Änderungen für die Politiker, aber auch für die Bürger der EU bedeuten. Eine größere Vergemeinschaftung von Haushalt und Finanzen würden unweigerlich einen Souveränitätsverzicht der nationalen Regierungen bedeuten.

Eine sehr weitreichende Reform der EU schlägt im Herbst 2012 der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble vor, mit der die Ursachen der Schuldenkrise bekämpft werden sollen. Schäubles Plan für die neue Euro-Zone geht sehr weit. In Gestalt eines Währungskommissars bekäme sie einen mächtigen Wächter. Dieser dürfte zwar nicht einzelne Haushaltsposten streichen, wohl aber den nationalen Parlamenten die Budgets außer Kraft setzen, wenn sie die EU-Regeln nicht erfüllen. Die Etatverantwortung bliebe zwar bei den Parlamenten, nur wäre der EU-Kommissar künftig der oberste Kontrolleur.