Beispiele für harmonische Schwingungen

A)  Das Feder-Schwere-Pendel

Beim Feder-Schwere-Pendel bewirkt die Gewichtskraft des schwingenden Körpers eine Dehnung der Feder. In der Ruhelage sind die Beträge der Federkraft und der Gewichtskraft gleich groß, es entsteht somit keine Rückstellkraft:

F = FF – FG = 0

Wird der Körper um s ausgelenkt, verringert bzw. vergrößert sich die Federkraft um den Betrag von s·D. Wird nach oben ausgelenkt, s ist in dem hier festgelegten Bezugssystem dann positiv, verringert sich die Federkraft und die Rückstellkraft berechnet sich zu:

F = FF – FG = (FG – s·D) – FG = – s·D

Wird der Körper um s nach unten ausgelenkt, s ist also negativ, vergrößert sich die Federkraft um (-s)·D. Die Rückstellkraft berechnet sich zu:

F = FF – FG = (FG + (-s)·D) – FG = – s·D

An dem linearen Zusammenhang zwischen Rückstellkraft und Auslenkung erkennen wir, dass beim Feder-Schwere-Pendel eine harmonische Schwingung entsteht.

Da die Richtgröße D der Federkonstanten entspricht, erhält man für die Schwingungsdauer eines Feder-Schwere-Pendels:

\(T=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D}}\)

Aus der Gleichung lässt sich entnehmen, dass die Schwingungsdauer eines Feder-Schwere-Pendels nicht vom Ortsfaktor g abhängt, ein Pendel auf dem Mond hätte die gleiche Schwingungsdauer wie auf der Erde. Ändern würde sich allerdings die Ruhelage des schwingenden Körpers.

In der folgenden Animation kann man die Auswirkungen der Körpermasse und der Federkonstante auf die Schwingungsdauer, die Kräfte und die Geschwindigkeit des schwingenden Körpers untersuchen.

B)  Das Fadenpendel

Wird der Pendelkörper aus der Ruhelage ausgelenkt, wirken auf ihn zwei Kräfte, seine Gewichtskraft und die Fadenkraft. Die Fadenkraft nimmt dabei die Komponente der Gewichtskraft auf, die in Längsrichtung des Fadens wirkt. Wir wissen schon aus einem vorherigen Kapitel, dass ein Faden nur Kräfte längs seiner Richtung aufnehmen kann. Die Gewichtskraft und die Fadenkraft addieren sich zur Rückstellkraft, die immer tangential zur Kreisbahn wirkt. Wird der Pendelkörper losgelassen und verlässt damit seinen Umkehrpunkt, dann muss der Faden zusätzlich eine Zentralkraft aufbringen. Die Zeichnung rechts gilt also nur im rechten Umkehrpunkt, bewegt sich der Körper, muss man zusätzlich eine Zentralkraft einzeichnen, deren Größe von der Momentangeschwindigkeit des Pendelkörpers abhängt.

Der Betrag der Rückstellkraft berechnet sich zu:

\(\sin (\alpha)=\frac{F_{\mathrm{RÜ}}}{\mathrm{F}_{\mathrm{G}}}\)

\(F_{R Ü}=F_{\mathrm{G}} \cdot \sin (\alpha)\)

Für die Länge des Bogens s, die der Auslenkung entspricht, gilt:

\(s=\alpha \cdot \ell\)

l ist dabei die Länge des Fadens. α muss im Bogenmaß angegeben werden. Berücksichtigt man mit einem Minuszeichen noch, dass Auslenkung und Rückstellkraft immer entgegengesetzt gerichtet sind, ergibt sich für die Rückstellkraft:

\(F_{R Ü}=-F_{G} \cdot \sin \left(\frac{s}{\ell}\right)=-m \cdot g \cdot \sin \left(\frac{s}{\ell}\right)\)

Die Rückstellkraft ist offensichtlich nicht proportional zur Auslenkung, es handelt sich also nicht um eine harmonische Schwingung. Die Rückstellgröße D ist deshalb nicht konstant, sondern hängt von der Auslenkung s bzw. a ab:

\(\mathrm{D}=-\frac{F_{Rü}}{\mathrm{~s}}=\frac{m \cdot \mathrm{g} \cdot \sin (\alpha)}{\ell \cdot \alpha}=\frac{\mathrm{m} \cdot \mathrm{g}}{\ell} \cdot \frac{\sin (\alpha)}{\alpha} \neq \text { const. }\)

Mit der folgenden Tabelle lässt sich jedoch zeigen, dass das Fadenpendel für kleine Winkel nahezu harmonisch schwingt:

Bei kleinen Winkeln ist sin(α)/α ungefähr 1. Damit können wir für die Rückstellgröße D schreiben:

\(D=\frac{m \cdot g}{\ell}=\text { const. }\)

Die Gleichung für die Schwingungsdauer eines Fadenpendels erhalten wir, indem wir die Rückstellgröße D in die Gleichung für die Schwingungsdauer einer harmonischen Schwingung einsetzen:

\(T=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D}}=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{m \cdot \ell}{m \cdot g}}\)

\(\mathrm{T}=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{\ell}{\mathrm{g}}}\)

Anders als beim Feder-Schwere-Pendel hängt die Schwingungsdauer beim Fadenpendel nicht von der Masse des schwingenden Körpers ab. Wie lässt sich das erklären? Bei einer größeren Masse des Pendelkörpers nimmt zwar die Rückstellkraft zu, man könnte also annehmen, der Körper schwinge schneller zur Ruhelage zurück, gleichzeitig erhöht sich aber auch seine Trägheit und damit auch sein „Bestreben“ in Ruhe zu bleiben.

Bringen wir ein Fadenpendel auf den Mond, wird es langsamer schwingen. Bei einer geringeren Rückstellkraft pro Auslenkung bleibt die Trägheit unverändert, da ja auch die Masse des Körpers unverändert bleibt (im Gegensatz zur Gewichtskraft).

In der folgenden Animation kann man u.a. erkennen, dass während des Schwingens eine Zentralkraft FZ entsteht, die vom Faden zusätzlich aufgebracht werden muss.

C)  Das U-Rohr

Die Flüssigkeitssäule in einem u-förmig gebogenem Rohr kann aus dem Gleichgewicht gebracht werden, indem der Druck in einem der beiden Schenkel geändert wird. Gibt man die Flüssigkeitssäule anschließend frei, schwingt die Flüssigkeit auf und ab.

Die rücktreibende Kraft entspricht der Gewichtskraft der überstehenden Flüssigkeit. Bei einer Auslenkung der Flüssigkeit um s gilt bei einem U-Rohr, dessen Durchmesser an jeder Stelle gleich ist:

\(F_{Rück}=-m_{ü} \cdot g\)

\(m_{ü}\) entspricht der Masse der überstehenden Flüssigkeit. Sie berechnet sich aus ihrem Volumen V und ihrer Dichte r. Das Volumen der überstehenden Flüssigkeit hängt von der Auslenkung s und dem Querschnitt A ab:

\(F_{R ü}=-(V \cdot \rho) \cdot g=-(2 \cdot s \cdot A \cdot \rho) \cdot g\)

Als nächstes wollen wir herausfinden, ob es sich bei der entstehenden Schwingung um eine harmonische Schwingung handelt. Zu diesem Zweck überprüfen wir, ob die Richtgröße D unabhängig von der Auslenkung s ist:

\(\mathrm{D}=-\frac{\mathrm{F}_{\mathrm{R} ü}}{\mathrm{~s}}=-\frac{-(2 \cdot \mathrm{s} \cdot \mathrm{A} \cdot \rho) \cdot \mathrm{g}}{\mathrm{s}}=2 \cdot \mathrm{A} \cdot \mathrm{\rho} \cdot \mathrm{g}=\mathrm{const.}\)

Da die Richtgröße tatsächlich nicht von der Auslenkung abhängt, es sich also um eine harmonische Schwingung handelt, können wir die Schwingungsdauer ermitteln, indem wir die allgemeingültige Gleichung für die Schwingungsdauer von harmonischen Schwingungen verwenden:

\(T=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D}}=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{2 \cdot A \cdot \rho \cdot g}}\)

Bei der Masse m in der obigen Gleichung handelt es sich nicht um die Masse der überstehenden Flüssigkeitssäule, sondern um die Gesamtmasse der Flüssigkeit im U-Rohr. Die Gesamtmasse der Flüssigkeit berechnet sich zu m = A ·l ·ρ, wobei l die Gesamtlänge der Flüssigkeitssäule ist. Erweitern wir den Bruch unter der Wurzel mit l, kürzt sich die Gesamtmasse m heraus:

\(\mathrm{T}=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{\mathrm{m}}{2 \cdot \mathrm{A} \cdot \rho \cdot \mathrm{g}} \cdot \frac{\ell}{\ell}}=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{\mathrm{m} \cdot \ell}{\mathrm{A} \cdot \ell \cdot \rho \cdot 2 \cdot \mathrm{g}}}\)

Die Gleichung für die Schwingungsdauer eines U-Rohrs lautet damit:

\(T=2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{\ell}{2 \cdot g}}\)

Interessanterweise hängt die Schwingungsdauer der Flüssigkeit nicht von ihrer Dichte ab, es ist für die Schwingungsdauer also einerlei, ob sich Wasser oder Quecksilber im U-Rohr befindet. Auch ohne die Herleitung der Schwingungsdauergleichung können wir uns das erklären: Bei größerer Dichte der Flüssigkeit steigt zwar die Rückstellkraft (bei einer festen Auslenkung), gleichzeitig wächst aber auch die Masse der Flüssigkeit und damit ihre Trägheit.

Anders würde es sich verhalten, wenn wir das U-Rohr auf einen anderen Himmelskörper bringen würden. Dort ändert sich die Rückstellkraft, die Masse und die Trägheit bleiben aber erhalten, die Schwingungsdauer ändert sich also. Die obige Gleichung enthält aus diesem Grund den Formelbuchstaben g des Ortsfaktors.

In der Animation unten ist die ungedämpfte Schwingung einer Flüssigkeit in einem U-Rohr dargestellt. In der Realität ist eine solche Schwingung allerdings stark gedämpft und kommt nach wenigen Schwingungen zum Erliegen.