Kenngrößen harmonischer Schwingungen

Projektion einer Kreisbewegung

Versuch

Versuchsbeschreibung:

Auf einer rotierenden Scheibe ist ein kleiner Stift befestigt. Eine Lichtquelle, die sich in der Ebene der Scheibe befindet, projeziert den Schatten der Scheibe und den Schatten eines Federpendels an die Wand. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe kann eingestellt werden.

Versuchsdurchführung:

Versuchsbeobachtung und -ergebnis:

Die Geschwindigkeit der Scheibe kann so eingestellt werden, dass die Auf- und Abbewegung des Stiftes genau mit der des Massestücks des Federpendels übereinstimmt. Die zweidimensionale Kreisbewegung „beinhaltet“ die eindimensionale Schwingung. Der Stift und das Massestück haben den gleichen Verlauf. Aus diesem Grund können wir anhand der Kreisbewegung den zeitlichen Verlauf eines harmonisch schwingenden Körpers herleiten.

Kreisfrequenz, Schwingungsdauer und Schwingungsfrequenz einer harmonischen Schwingung

Der Körper mit der Masse m in der Zeichnung rechts rotiert auf einer Kreisbahn mit dem Radius r. Wie wir aus einem früheren Kapitel wissen, muss an ihm ständig eine zum Mittelpunkt der Kreisbahn gerichtete Zentralkraft angreifen, damit er die Kreisbahn nicht verlässt. Bei konstanter Winkelgeschwindigkeit berechnet sich der Betrag der Zentralkraft zu:

\(F_{z}= m\cdot r\cdot \omega ^{2}\)

Bei der Projektion der Kreisbewegung entspricht die Komponente der Zentralkraft in y-Richtung (\(\overrightarrow{F_{y}}\)) der Rückstellkraft der Schwingung.
In der Grafik am Ende des Videos rechts findet man ähnliche Dreiecke. Das blaue Dreieck mit den Seiten y und r ist gegenüber dem violetten Dreieck mit den Seiten Fz und Fy gedehnt. Das Verhältnis der Seitenlängen zueinander ist deshalb gleich:

\(\frac{F_{y}}{F_{z}}=-\frac{y}{r}\)

Das Vorzeichen berücksichtigt, dass die Rückstellkraft \(\overrightarrow{F_{y}}\) immer zur Nulllage weist. Wir ersetzen \(F_{z}\):

\(F_{y}=-F_{Z}\cdot \frac{y}{r}=-m \cdot r \cdot \omega^{2} \cdot \frac{y}{r}\)

\(F_{y}=-m \cdot \omega^{2} \cdot y\)

Der Term m·ω2 ist konstant, da sich die Masse m des schwingenden Körpers und die Winkelgeschwindigkeit ω nicht ändern und entspricht der Richtgröße D. Wir schreiben:

\(\mathrm{F}_{\mathrm{y}}=-\mathrm{m} \cdot \omega^{2} \cdot \mathrm{y}=-\mathrm{D} \cdot \mathrm{y}\)

Wieder gilt ein linearer Zusammenhang zwischen Rückstellkraft und Auslenkung. Damit bestätigt sich, dass die Kreisbewegung mit konstanter Bahngeschwindigkeit die harmonische Schwingung beinhaltet. Darüber hinaus haben wir eine wichtige Gleichung gewonnen, die für alle harmonischen ungedämpften Schwingungen gilt:

\(\mathrm{D}=\mathrm{m} \cdot \omega^{2}\)

Umgestellt ergibt sich:

\(\omega=\sqrt{\frac{D}{m}} \quad \text { mit } \omega=\frac{2 \pi}{T}: \quad T=2 \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D}}\)

Es sei noch einmal betont, dass die beiden obigen Gleichungen für alle harmonischen ungedämpften Schwingungen gelten.

Beispiel

Ein Fahrbahnwagen mit der Masse m = 0,100 kg ist reibungsfrei zwischen zwei Federn eingespannt. Die Federhärte der beiden Federn beträgt D = 2,00 N/m.

a) Berechnen Sie die Schwingungsdauer T der Schwingung.

Wie ändert sich die Schwingungsdauer, wenn

b) die Fahrbahnwagenmasse vervierfacht wird?

c) die Federhärte der beiden Federn auf D = 8,00 N/m erhöht wird?

d) die Amplitude der Schwingung halbiert wird?

Lösungen:

a) \(T=2 \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D}}=2 \pi \cdot \sqrt{\frac{m}{D_{li}+D_{r e}}}=2 \pi \cdot \sqrt{\frac{0,100 \mathrm{~kg}}{2 \cdot 2,00 \frac{\mathrm{N}}{\mathrm{m}}}}=\underline{\underline{0,99 \mathrm{~s}}}\)

b) \(\mathrm{T} \sim \sqrt{\mathrm{m}}\) : Die Schwingungsdauer verdoppelt sich auf 1,99s

c) \(\mathrm{T} \sim \sqrt{\frac{1}{\mathrm{D}}}\) : Die Schwingungsdauer halbiert sich auf 0,50s

d) Die Schwingungsdauer ist unabhängig von der Amplitude.

Die Bewegungsgleichungen einer harmonischen Schwingung

In der Grafik auf der rechten Seite erkennen wir:

\(\sin \varphi=\frac{y}{r}\)

\(y=r \cdot \sin \varphi\)

Der Kreisradius r entspricht der maximalen Auslenkung der Schwingung, also der Amplitude A:

\(y=A \cdot \sin \varphi\)

Die Winkelgeschwindigkeit ω gibt an, welcher Winkel pro Zeiteinheit überstrichen wird:

\(\omega=\frac{\varphi}{t}\)

\(\varphi=\omega \cdot t\)

Eingesetzt ergibt sich:

\(y(t)=A \cdot \sin(\omega \cdot t) \)

Mit der obigen Gleichung können wir die momentane Auslenkung (Elongation) eines Körpers in Abhängigkeit von der Zeit bestimmen, allerdings nur für den Fall, dass der Körper zum Zeitpunkt t = 0 die Ruhelage in positiver Richtung durchläuft. Besitzt der Körper zum Zeitnullpunkt einen anderen Bewegungszustand, dann gilt für den Winkel φ:

\(\varphi=\omega \cdot \mathrm{t}+\varphi_{0}\)

Wir erhalten damit die allgemeine Gleichung für die Elongation:

\(y(t)=A \cdot \sin \left(\omega \cdot t+\varphi_{0}\right)\)

Wenn wir die obige Gleichung verwenden, ist es wichtig, den Taschenrechner von Gradmaß („deg“) auf Bogenmaß („rad“) umzustellen, da die Winkelgeschwindigkeit ω angibt, welcher Winkel im Bogenmaß pro Zeiteinheit überstrichen wird.

Mit Hilfe der Differenzialrechnung kann man aus der Bewegungsgleichung für die Elongation die Gleichungen für die Momentangeschwindigkeit und die Momentanbeschleunigung eines harmonisch schwingenden Körpers ermitteln:

\(v(t)=\lim _{\Delta t \rightarrow 0} \frac{\Delta y(t)}{\Delta t}=\frac{d y(t)}{d t}=\dot{y}(t)\)

\(\dot{y}(t)=\dot{\left(A \cdot \sin \left(\omega \cdot t+\varphi_{0}\right)\right)}=A \cdot \omega \cdot cos(\omega \cdot t + \varphi_{0})\)

Die Sinusfunktion ergibt abgeleitet die Kosinusfunktion. Die Ableitung der inneren Funktion ist w:

\(v(t)=\mathrm{A} \cdot \omega \cdot \cos \left(\omega \cdot \mathrm{t}+\varphi_{0}\right)\)   bzw.    \(v(t)=\hat{v} \cdot \cos \left(\omega \cdot t+\varphi_{0}\right) \text { mit maximaler Geschwindigkeit } \hat{v}=A \cdot \omega\)

Da die Kosinusfunktion maximal den Wert Eins annehmen kann, entspricht das Produkt A·ω der Maximalgeschwindigkeit.

Die Gleichung für die Beschleunigung ermitteln wir, indem wir die Geschwindigkeitsgleichung ableiten:

\(a(t)=\dot{\mathrm{v}}(\mathrm{t})=\ddot{\mathrm{s}}(\mathrm{t})=\dot{\left(\mathrm{A} \cdot \omega \cdot \ cos\left(\omega \cdot \mathrm{t}+\varphi_{0}\right)\right)}\)

\(a(t)=-A \cdot \omega^{2} \cdot \sin \left(\omega \cdot t+\varphi_{0}\right)\)   bzw.  \(a(t)=-\hat{a} \cdot \sin \left(\omega \cdot t+\varphi_{0}\right) \text { mit maximaler Beschleunigung } \hat{a}=A \cdot \omega^{2}\)

Die obigen Bewegungsgleichungen gelten ganz allgemein. Wie schon erwähnt, ist die Phasenverschiebung φ0 nur dann 0, wenn sich der schwingende Körper zum Zeitpunkt t = 0 am Ort s = 0 befindet und sich in positiver Richtung bewegt. Auf die Bestimmung der Phasenverschiebung kann verzichtet werden, wenn ein Sonderfall vorliegt, wie er im Diagramm auf der folgenden Seite gezeigt wird.