Rhetorische Figuren

Übersicht

Die Unterscheidungen, mit denen Sie bisher befasst waren, betrafen die Spracharten, Stilebenen, Schlag- und Schlüsselwörter sowie den Satzbau. Im Folgenden beschäftigen wir uns mir rhetorischen Figuren, die in vier Bereiche unterteilt werden. Die Zuordnung müssen Sie nicht beherrschen. Sie dient nur der besseren Übersicht.

 Rhetorische Mittel  Satzfiguren  Ähnliche Bauweise der Sätze
 Gedankenfiguren  Rhetorische Frage, Anrede der Zuhörer
 Wortfiguren  Wiederholung, Übertreibung
 Klangfiguren  Gleichklang der Anfangslaute mehrerer Wörter, Wortspiel
 Bilder  Symbole, Chiffre

Satzfiguren

Vorbemerkung

Die Liste der rhetorischen Figuren ließe sich noch weiter fortsetzen. Es kommt bei der Sprachuntersuchung aber nicht darauf an, möglichst viele Fachbegriffe aufzulisten, sondern zu klären, welchen Zweck das jeweilige Mittel im konkreten Textzusammenhang erfüllen soll. Ziel der Analyse ist also die Klärung der Wirkungsabsicht. Da die Wirkungen sich nicht nur nach den Adressaten sowie ihren konkreten Gewohnheiten und Erfahrungen graduell unterscheiden, kann auch keine für jeden Text gleichermaßen zutreffende „intendierte Wirkung“ in der zweiten Spalte der Tabelle aufgelistet werden. Mehr als  Anhaltspunkte können diese Hinweise nicht liefern. Die Hinweise in der Spalte „intendierte Wirkung“ entheben  Sie also nicht der Aufgabe, die genaue Wirkungsabsicht im jeweiligen Text konkret zu bestimmen.

Lassen Sie sich nicht schrecken von der Fülle der (stark reduzierten) Liste der rhetorischen Figuren. Sie müssen die Fachbegriffe nicht auswendig aufsagen können. Es geht vielmehr darum, Sie dafür zu sensibilisieren, wie viele sprachliche Besonderheiten man bei der Untersuchung von Texten entdecken kann.

Die Unterteilung in Satz-, Gedanken-, Wort-, Klangfiguren und Bilder dient lediglich der Übersichtlichkeit. Für die Analyse spielen die Unterschiede keine Rolle.

Liste von Satzfiguren

Erläuterung Intendierte  Wirkung  Beispiel
 Asyndeton
Unverbundenheit
Verzicht auf Bindewörter
Ausdruck der Endlosigkeit der Aufzählung Alles rennet, rettet, flüchtet.
Er schafft Stumpfsinn, Beharrung, Untätigkeit, knechtischen Stillstand,  (Thomas Mann)
 Polysyndeton
Häufung von Bindewörtern Ausdruck starker Emotionen Und es wallet und siedet und brauset und zischt. (Schiller, Die Taucher)
 Akkumulation
Reihung mehrerer verschiedener Unterbegriffe anstatt des Oberbegriffs Verstärkung des gewünschten Eindrucks durch inhaltliche Wiederholung Den Reichen ein Drittel ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den goldenen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen (…),  das heiß ich ehrlich sein. (Nach: Schiller, Die Räuber)
 Klimax
Steigernde Anordnung von Inhalten Steigerung der Gefühle, manipulative „Mitnahme“ des Lesers Er weint, er ist bezwungen, er ist unser! (Schiller, Jungfrau von Orleans)
 Antiklimax
Abstufung nach unten Abschwächung, Steigerung der Gefühle in negativem Sinne Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen (Goethe, Faust I)
 Parallelismus
Wiederkehr der gleichen Reihenfolge von Wortarten in mehreren Sätzen oder Satzteilen Hervorhebung von Aussagen durch Wiederholung Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee.
 Chiasmus
Überkreuzstellung Z.T. überraschend, wirkt der Monotonie entgegen Der Einsatz war groß, klein war der Gewinn.
 Inversion
Umstellung der normalen Wortreihenfolge Betonung des vorangestellten Wortes Bestraft muss er werden.
 Parenthese
Einschub Einbeziehung des Lesers,
Verdeutlichung einer Berichtigung
Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter – Eduard hatte (…) (Goethe, Wahlverwandtschaften)
 Ellipse
Auslassung, Worteinsparung Ausdruck von z.B. Atemlosigkeit Spitzbübische Künste! Mörder, Räuber durch spitzbübische Künste! Angeschwärzt von ihm! Verfälscht, unterdrückt meine Briefe (…)! (Schiller, Die Räuber)

Satzfiguren: Übung

Arbeitsauftrag: Entscheiden Sie, welche der vier verschiedenen Antworten zutrifft.

Gedankenfiguren

Liste von Gedankenfiguren

Erläuterung Intendierte  Wirkung  Beispiel
 Anrede
Direktes Ansprechen der Zuhörer oder Leser ausdrückliche Einbeziehung des Lesers bzw. Hörers Verehrtes Publikum! (…) meine sehr verehrten Damen und Herren (…)
 Oxymoron
Widerspruch z.B. zwischen Substantiv und Adjektiv häufig Ironie oder Sarkasmus Alter Knabe, die armen Reichen
 Paradoxon
Scheinbarer Widerspruch Belustigung, Anregung zum Nachdenken Der Autor glaubt, die Vergangenheit neu erfunden zu haben.
 Katachrese
Stilblüte, Bildsprung Belustigung, Lächerlichkeit Der Zahn der Zeit, der schon so manche Träne getrocknet hat, wird auch über diese Wunde Gras wachsen lassen.
 Antithese
Gegenüberstellung, Gegensatz alles umfassende Beschreibung, auch Polarisierung Jung und Alt, Gut und Böse
 Rhetorische Frage
Die Frage lässt nur eine Antwort zu. Steuerung der Antwort im Sinne des Autors Wollen Sie denn gar nichts lernen?

Gedankenfiguren: Übung

Arbeitsauftrag: Entscheiden Sie, welche der vier verschiedenen Antworten zutrifft.

Wortfiguren

Liste von Wortfiguren

Erläuterung Intendierte  Wirkung  Beispiel
 Emphase
Besonderer Nachdruck, Leidenschaftlichkeit Hervorhebung eines Wortes, Gefühlsverstärkung Menschen! – Menschen! Falsche, heuchlerische Krokodilsbrut! Ihre (…) Herzen sind Erz. (Schiller, Die Räuber)
 Hyperbel
Übertreibung pathetische oder schockierende Darstellung, häufig auch komisch Bis in den Himmel schlugen die Flammen.
Blitzschnell ergriff er die Waffe.
Er hat einen Mund wie ein Scheunentor.
 Litotes
Untertreibung Bescheidenheitsfloskel, manchmal Belustigung Ich wäre nicht undankbar, wenn Sie mich befördern würden.
Er hielt sie fest und drückte sie an sich. erst auf dem Rasenabhang ließ er sie nieder, nicht ohne Bewegung und Verwirrung. (Goethe, Wahlverwandtschaften)
 Euphemismus
Verhüllende, beschönigende Umschreibung Aufwertung Raumpflegerin, Preisanpassung, Zweitfrisur, Endlösung
 Metapher
Übertragung einer Bildvorstellung auf einen anderen  Bereich Veranschaulichung eines komplizierteren Sachverhalts Tischbein, Redefluss; er trug ein Büßerhemd
 Neologismus
Wortneuschöpfung häufig Auf- oder Abwertung aprilfrisch, Erdnussekstase, Ewiggestrige
 Archaismus
Veralteter Ausdruck häufig zur Belustigung oder zur Aufwertung eine trutzige Burg, in Linnen gekleidet
 Fremdwort
Wort aus einer anderen als der deutschen Sprache Vorspiegelung oder Dokumentation von Bildungsniveau Kompetenzteam, screening
 Ironie
Man sagt das Gegenteil dessen, was man meint Erzeugung von Lächerlichkeit, witzig Du bist mir vielleicht ein Held!
 Repetitio
Wiederholung „Einhämmern“ von Aussagen, Anregung der Merkfähigkeit Wir wollen nicht aufhören und werden nicht aufhören.
 Anapher
Wiederholung am Anfang von Sätzen, Satzteilen oder Absätzen Insistieren auf Beurteilungen o.Ä. Ich bin stolz heute in Ihrer Stadt zu sein,
ich bin stolz darauf (…) (J.F.Kennedy)
 Epipher
Wiederholung am Ende von Sätzen, Satzteilen oder Absätzen Reim Sie haben wegen der Trunkenheit
Vielfältig uns verklagt,
Und haben von unserer Trunkenheit
Lange nicht genug gesagt (…)
(Goethe, West-östlicher Diwan)
 Kette
Wiederholung, Aufgreifen eines Ausdrucks im nachfolgenden Satz Vortäuschung einer logischen Notwendigkeit Sie haben selbst gesagt, die Geschichte werde Sie (..) danach fragen, was Sie getan haben. Was haben Sie denn getan (…)?
 Tautologie
auch: Hendiadyoin, Wiederholung des bereits Gesagten mit einem sinnverwandten Wort Verstärkung einer Aussage durch eine Form der Wiederholung Nackt und bloß; voll und ganz; bitten und flehen
 Pleonasmus
Hinzufügung eines Wortes, dessen Bedeutung schon im Substantiv enthalten ist. häufig zur Belustigung Weißer Schimmel; alter Greis

Wortfiguren: Übung

Arbeitsauftrag: Entscheiden Sie, welche der vier verschiedenen Antworten zutrifft.

Klangfiguren

Liste von Klangfiguren

Erläuterung Intendierte  Wirkung  Beispiel
 Alliteration
auch: Stabreim, gleicher Anlaut der betonten Silben aufeinanderfolgender Wörter Anregung der Merkfähigkeit, einprägsam Bei Wind und Wetter
Ajax – weißer Wirbelwind
 Lautmalerei
Klangnachahmende Wortbildung häufig zur Intensivierung von Gefühlen Da pfeift es und geigt es und klirrt, / Da ringelts und schleift es und rauschet und wirrt, / Da pisperts und knisterts und flisterts und schwirrts. (Goethe, Hochzeitslied)
 Wortspiel
Zusammenstellung von gleich oder ähnlich lautenden, aber bedeutungsverschiedenen Wörtern Belustigung, Anregung zum Nachdenken Er kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg (…) (Schiller)
Bistümer – Wüsttümer, Abteien – Raubteien, Rheinstrom -Peinstrom (Schiller, Wallensteins Lager)

Klangfiguren: Übung

Arbeitsauftrag: Wählen Sie aus dem Angebot.

Rhetorische Figuren: Bilder

Liste von Bildern

Erläuterung Intendierte  Wirkung  Beispiel
 Vergleich
Verknüpfung verschiedener Sachverhalte aufgrund bestimmter Gemeinsamkeiten Veranschaulichung einer Vorstellung finster wie die Nacht; er lachte wie ein Kind
 Gleichnis
breite Ausführung eines Vergleichs Veranschaulichung einer Vorstellung Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass ein Reicher (…)
 Parabel
auch: Gleichniserzählung, Gleichnis mit selbständiger Handlung Veranschaulichung einer Vorstellung Parabel vom verlorenen Sohn
Lessings Ringparabel
Parabeln Kafkas
 Metapher
Übertragung eines Bildvorstellung auf einen anderen Vorstellungsbereich Veranschaulichung einer Vorstellung Fuchs, Affe (als Bezeichnung eines Menschen), Lebensabend, Tischbein
 Personifikation
Belebung eines Dings oder eines Abstraktums Veranschaulichung einer Vorstellung Süßer Friede, komm, ach, komm in meine Brust! (Goethe, Wandrers Nachtlied)
 Allegorie
Besonders im Mittelalter und Barock; Konkretisierung eines abstrakten Begriffs in einem Bild Veranschaulichung einer Vorstellung Tod > Sensenmann; Gerechtigkeit > Justitia; Frühling > Jüngling
 Symbol
Bildhafte Gestaltung eines tieferen Sinnzusammen-
hangs, Verweis vom Beson-
deren auf das Allgemeine
Veranschaulichung einer Vorstellung Rose (Symbol der Liebe), weiße Taube, rotes Licht an Ampel, Verkehrsschild
 Chiffre
Verstecken des Bezugs zwischen Gesagtem und Gemeintem Weckung von Assoziationen durch sinnverkürzende Zeichen
Verdunkeln von Aussagen
Chiffrierte Kontaktanzeigen in der Zeitung, Astern (> Herbstblumen > Tod)

Bilder: Übung

Arbeitsauftrag: Entscheiden Sie, welche der vier verschiedenen Antworten zutrifft.

Rhetorische Figuren: Übung 1

Arbeitsauftrag: Entscheiden Sie, welche der vier verschiedenen Antworten zutrifft.

Rhetorische Figuren: Übung 2

Arbeitsauftrag: Richtig oder falsch?

Rhetorische Figuren: Übung 3

Arbeitsauftrag: Setzen Sie das passende Wort ein! Bis auf die Nummer 7 benötigen Sie immer die Fachbegriffe.