Dienstleistungen in sozialen Einrichtungen

Vorbemerkung

Das Gesundheits- und Sozialwesen ist eine der wichtigsten und personalintensivsten Branchen Deutschlands. Auch aufgrund der demografischen Veränderungen (die Menschen werden zunehmend älter) wird dieser Wirtschaftszweig immer umfangreicher. Heutzutage teilen sich öffentliche, private und gemeinnützige Träger, wie zum Beispiel kirchliche, den Markt. Alle müssen bei der Leitung ihrer Unternehmen betriebswirtschaftliches Denken anwenden, denn entstandene Verluste müssen sie selbst ausgleichen.

Betriebswirtschaftliche Grundfunktionen

Die Hauptaufgabe eines Betriebs besteht in der Herstellung und dem Vertrieb von Gütern und/oder Dienstleistungen. Die Aufgaben eines Betriebes werden durch seine Ziele bestimmt (Unternehmensziele). Um seine Aufgaben zu erfüllen, werden verschiedene grundsätzliche Aufgaben zu betrieblichen Grundfunktionen zusammengefasst. Daraus ergibt sich folgendes Modell der Unternehmung:

Unternehmensleitung
(plant, organisiert und überwacht)
Beschaffungsmärkte → Beschaffung  Leistungserstellung → Absatz → Absatzmärkte

Beispiel: Die Wohlfahrtsorganisation „Essen auf Rädern“ kauft Lebensmittel ein (Beschaffung), bereitet diese zu (Leistungserstellung) und liefert sie an ihre Kunden aus (Absatz).

Beschaffung:

  • Der Betrieb erwirbt auf den Beschaffungsmärkten Produktionsfaktoren, z.B. Grundstücke, Maschinen, Waren, Patente, Arbeitskräfte, Transportleistungen oder Kapital.
Leistungserstellung
(Produktion):
  • Im Betrieb vollzieht sich ein Prozess der Verkoppelung und Verschmelzung von Produktionsfaktoren, an dessen Ende die fertigen Leistungen stehen.
Absatz:
  • Die Leistungen werden gegen Geld auf den Absatzmärkten verkauft (Leistungsverwertung).

Die Lagerhaltung ist eine weitere Funktion, die sowohl bei der Beschaffung als auch bei der Leistungserstellung und beim Absatz eine wichtige Rolle spielt. Damit Beschaffung, Leistungserstellung und Absatz wirtschaftlich erfolgen, bedarf es der Lenkung durch die Leitungsorgane (dispositiver Faktor). Zielsetzung, Planung, Organisation und Kontrolle sind die wichtigsten Aufgaben der Unternehmensleitung.

Betriebswirtschaftliche Produktionsfaktoren

Die Erstellung der betrieblichen Leistung erfolgt durch das Zusammenwirken der Produktionsfaktoren. Grundsätzlich wird zwischen Elementarfaktoren und dem dispositiven Faktor unterschieden:
Elementarfaktoren sind:

  • Arbeitsleistung: Darunter versteht man hauptsächlich ausführende Arbeit.
  • Betriebsmittel: Dies sind Anlagen und alle Einrichtungen zur betrieblichen Leistungserstellung, wie z.B. die Grundstücke und Gebäude und die Büroausstattung.
  • Werkstoffe:  Hierunter sind die Ausgangs- und Grundstoffe zu verstehen, die bei der Leistungserstellung verwendet werden, z.B. Rohstoffe oder Fertigteile.
  • Rechte: Dies sind insbesondere behördliche Betriebsgenehmigungen (Konzessionen) und gewerbliche Schutz- und Nutzungsrechte (Patente, Lizenzen, Gebrauchsmuster und Markenzeichen).

Beim dispositiven Faktor handelt es sich um die Fähigkeit des Menschen, die Elementarfaktoren zum Zwecke der Leistungserstellung zu kombinieren, also Leitungsfunktionen auszuüben.

Im Unternehmen werden die Faktoren so miteinander kombiniert, dass das angestrebte Hauptziel erreicht wird.

Fehlende Gegenständlichkeit bei Dienstleistungen

Dienstleistungen sind nicht gegenständlich, d.h. sie sind nicht greif- und sichtbar. Diese fehlende Gegenständlichkeit (Intangibilität) bedeutet aber auch, dass Dienstleisungen nicht transport- und lagerfähig sind und nicht ausgestellt werden können. Dies führt für den Dienstleistungsempfänger (z.B. Kunde, Patient) zum Problem, dass er die Dienstleistung vor Inanspruchnahme nur schlecht einschätzen kann (Intransparenz).

Beispiel:
Eine Familie stellt fest, dass die Pflege der Großmutter nicht mehr daheim geleistet werden kann und entschließt sich ein Pflegeheim für die Großmutter zu suchen. Nun steht die Familie vor dem Problem, dass sie vorher nicht weiß, ob das ausgewählte Pflegeheim auch eine gute Pflege bietet. Daher versucht sie über Bekannte möglichst viele Informationen über das Pflegeheim zu erhalten. Außerdem will sie die Ergebnisse des „Pflege-TÜV“ für das Pflegeheim einsehen.

Da die Dienstleistung häufig nur über das Vertrauen, das in den Dienstleister gesetzt wird, beurteilt werden kann, spricht man von einem Vertrauensgut. Für den Dienstleister bedeutet das, dass er gegenüber dem potentiellen Kunden Vertrauen schaffen muss und die Dienstleisung transparent macht, indem er ihm gegenüber geeignete Kommunikationsformen findet und die Qualität sichert.

Zusammenfall von Konsum und Produktion bei Dienstleistungen

Bei der Dienstleistung fallen Produktion und Konsum zusammen, d. h. während die Dienstleistung erstellt wird, wird sie auch in Anspruch genommen (= uno-actu-Prinzip).

Beispiel:
Die Pflegeleistung wird erst dann erbracht, wenn der zu Pflegende sie benötigt und annimmt.

Die Erwartung eines Kunden an den Dienstleister ist häufig nicht die Dienstleistung selbst, sondern das Ergebnis der Dienstleistung, das meist eine Zustandsveränderung darstellt. In unserem Beispiel ist diese das Wohlbefinden des zu Pflegenden.

Für den Dienstleister bedeutet die Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsum, dass er in direkter Nähe zum Kunden seine Dienstleistung anbieten muss, damit der Kunde ihn auch erreichen kann.

Mitwirkung des Leistungsempfängers bei Dienstleistungen

Dienstleistungen werden häufig direkt am Dienstleistungsempfänger erbracht. Insbesonder bei sozialen Dienstleistungen muss der Leistungsempfänger bei der Dienstleistungserstellung anwesend sein. Häufig entsteht die Dienstleistung auch erst durch das Zusammenwirken von Dienstleister und Dienstleistungsempfänger, d.h. der Kunde wirkt am Ergebnis mit.

Beispiel:
Ein Streetworker kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Jugendlichen bereit sind mit ihm zu arbeiten.

Principal-Agent-Problem bei Dienstleistungen

Die asymmetrische Informationsverteilung zwischen einem Auftraggeber (Principal) und einem Auftragnehmer (Agent) führt zu Problemen im Verhälrnis der Beteiligten. Dabei verfügt der Agent über einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal.

Beispiel:
Der Patient als Principal hat einen Informationsnachteil gegenüber dem Arzt als Agenten. Eine Kommunikation auf Augenhöhe hilft das Problem zu reduzieren.