Literarische Gattungen: Drama
Eigenheiten des Dramas
Bei dem Begriff Drama handelt es sich zunächst um einen Oberbegriff für alle möglichen Arten von Stücken, die auf einer Theaterbühne gezeigt werden. Dazu gehören Tragödien, also ernste Theaterstücke, oder lustige, die man als Komödien bezeichnet. Eine Mischform aus beiden ist die Tragikomödie.
Aufgaben:
1. Arbeiten Sie im Detail heraus, wie sich die Merkmale der Dramatik in dem folgenden „Blazzkaddn-Drama“ widerspiegeln.
2. Lesen Sie das „Blazzkaddn-Drama“ durch und überlegen Sie sich, welche Gemeinsamkeiten dieses Mini-Theaterstück mit der Epik hat und in welchen Punkten es sich von ihr unterscheidet.
Das „Blazzkaddn-Drama“:
Szene 1: Bahnhof Ansbach. Eine ältere Dame besteigt den blitzschnellen Interregio nach Nürnberg. Sie ist kaum drinnen, da rast der Zug los. Die Frau stellt ihre große Tasche auf den Boden im Gang und fängt – stehend – an zu wühlen. Und wühlt. Und wühlt.
Dame: Ja, wo iss’n bloß?
Fahrgast I (mitleidig): Kann ich Ihnen helfen?
Dame: Naa. Ich such mei Blazzkaddn.
(Sucht und sucht. Draußen fliegen die Bahnhöfe Sachsen und Wicklesgreuth vorbei.)
Dame: Da isse ja. (Pause) Wagen 22, Platz 9. Wiss’n Sie wo des is?
Fahrgast I: Wir sind im Wagen 26. Das muss ganz vorne sein.
Dame: Achgodderla.
Szene 2: Die Frau nimmt ihren Stock und ihre Tasche und hatscht los. Die Schaffnerin kommt, jung und wirklich freundlich.
Schaffnerin: Probleme?
Dame: Ich such mein Blazz von der Blazzkaddn.
Schaffnerin: Bleiben Sie doch gleich hier. Ist sowieso alles frei.
Dame: Naa, naa, des geht net. Mei Schwiechertochter hat doch extra die Blazzkaddn für mich gekauft.
Schaffnerin: In Ordnung.
Szene 3: Draußen grüßt Heilsbronn. Die Schaffnerin hakt die alte Dame unter und führt sie geduldig durch die nächsten Waggons. Es dauert seine Zeit, bis die beiden im Wagen 22 ankommen.
Schaffnerin: Da ist Platz 9. Ach je. Da sitzt schon jemand.
Dame: Sie, junger Mann, des is fei mei Blazz. Wiss’ns, mei Schwiechertochter hat extra …
Fahrgast II: Entschuldigung, da habe ich nicht aufgepasst.
(Der Mann setzt sich in den Nachbarsessel. Die Frau knöpft umständlich ihren Mantel auf, zieht ihn aus, hängt ihn auf. Versucht, die Tasche auf die Ablage zu hieven. Scheitert. Stellt die Tasche auf den Boden. Als sich die Dame mit einem tiefen Seufzer in ihren Sitz fallen lässt, ist draußen gerade Unterasbach in Sicht. – Keine zwei Minuten später:)
Lautsprecher: Meine Damen und Herren, in Kürze erreichen wir Nürnberg.
Dame: Achgodderla, jetzt sind mir schon da.
(Reißt ihren Mantel vom Haken, zieht ihn an und geht kopfschüttelnd Richtung Tür.)
Fahrgast II: Sie haben was verloren. (Hebt ein Stück Papier auf und gibt es der Frau.)
Dame: Achgodderla, mei Blazzkaddn. Naa, naa, ich glaub, ich fahr nimmer mit’n Zug.
Ulrich Rach, Nürnberger Nachrichten, 07.12.2002


