Ideologie, Politik und Propaganda

Das Führerprinzip

„Führer befiehl, wir folgen!“

Als „Führer und Reichskanzler“ beanspruchte Hitler für sich die absolute Autorität im Staat. Der Führererlass war oberstes Gesetz. Dieses Führer- und Gefolgschaftsprinzip übertrug Hitler auf Partei, Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. In allen Bereichen wurden Führer eingesetzt (Führerstaat). Sie konnten von ihren Untergebenen absoluten Gehorsam erwarten, mussten diesen aber auch gegenüber ihren Vorgesetzten leisten. Dieses Führerprinzip erstreckte sich bis auf die Vereinsebene. Statt der bisherigen Vorstände wurden Führer eingesetzt. Ein wesentlicher Bestandteil des Führerstaates ist der Führerkult. Die Person des Führers wird überbetont; es werden ihm mystische Kräfte und übermenschliche Fähigkeiten zugesprochen. Gleichzeitig attestiert man ihm Unfehlbarkeit und schließt menschliches Irren aus.

„Ein Volk, ein Reich, ein Führer!“

Aufbau des Führerstaats

Führerstaat und Demokratie im Vergleich

Der Einparteienstaat

Die NSDAP als Staatspartei

Die Nationalsozialisten erfanden für die Art und Weise der Machteroberung den Begriff „Gleichschaltung“. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Beseitigung des politischen und wirtschaftlichen Pluralismus seit der Machtübernahme.

Am 31.03.1933 erfolgte die Beseitigung der vertikalen, bundesstaatlichen Gewaltenteilung mit dem Erlass des „Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“. Kurz darauf, am 07.04.1933, wurden die Reichskommissare zu Reichsstatthaltern ernannt. Diese erhielten die Befugnis, im Auftrag des Reichskanzlers Länderregierungen zu ernennen und zu entlassen. Mit diesem Gesetz waren die Länder praktisch beseitigt. Ihre formale Aufhebung erfolgte am 30.01.1934. Kurze Zeit später wurde auch der Reichsrat aufgelöst.

Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 07.04.1933 sollten alle jüdischen, sozialdemokratischen, kommunistischen und betont christlichen Beamten aus dem Staatsdienst entfernt werden. Alle leitenden und höheren Ämter besetzte man mit NSDAP-Mitgliedern.

Auch die Parteien wurden systematisch ausgeschaltet. Die KPD wurde durch Verfolgung faktisch verboten. Im Mai 1933 ging die NSDAP daran, „mit der SPD abzurechnen“, um den „Marxismus endgültig mit Stumpf und Stil auszurotten“. Mit allen Mitteln ging man gegen SPD-Mitglieder vor. Am 22.06.1933 erließ Innenminister Frick eine Reihe von Maßnahmen, die das Ende der Partei bedeuteten. So wurden alle SPD-Mandatsträger aus den Volksvertretungen ausgeschlossen, verhaftet oder in „Schutzhaft“ genommen. Weiterhin bestand ein Versammlungs- und Publikationsverbot; das Parteivermögen wurde beschlagnahmt. Die bürgerlichen Parteien erkannten allmählich, dass Hitler nicht zu zähmen war, oder hatten daran kein Interesse. Um einem Verbot zuvorzukommen, lösten sie sich bis zum Juni 1933 selbst auf.

Somit verblieb als einzige Partei die NSDAP. Im „Gesetz zur Sicherung von Einheit und Staat“ wurde sie zur staatstragenden Kraft. Ihre Monopolstellung löste förmlich eine Mitgliederexplosion aus. In den Jahren 1928 bis 1932 stieg die Mitgliederzahl um ca. 100000 auf 1,5 Millionen an. Ende 1934 umfasst sie bereits 4,5 Millionen Mitglieder. Die NSDAP wirkte über ihre Gliederung und die angeschlossenen Verbände in alle Bereiche der Gesellschaft hinein. Diese Präsenz der Partei führte zu einem gewollten Nebeneinander von Staats- und Parteiorganisationen.

Deutschland war somit wie das faschistische Italien und die kommunistische Sowjetunion ein Einparteienstaat.

Ausschaltung der Gewerkschaften

Die Deutsche Arbeitsfront

Der NSDAP war es bis zur Machtübernahme nicht gelungen, die Gewerkschaften mit nationalsozialistischem Gedankengut zu durchsetzen. Bei den Betriebswahlen im März 1933 erhielten die Gewerkschaften noch mehr als drei Viertel der Stimmen.

Die Gewerkschaftsführungen hofften, ihre Organisationen durch Unterwerfung unter die NSDAP vor der Zerschlagung zu retten. Die Reichsführung plante aber bereits akribisch genau die Zerschlagung der Gewerkschaften. Die Ausrufung des 1. Mai als „Tag der nationalen Arbeit“ war daher nur ein Täuschungsmanöver. Denn bereits einen Tag später wurden alle Gewerkschaftshäuser von SA und SS besetzt, und die Gewerkschaftsführer in Schutzhaft genommen.

An Stelle der Gewerkschaften wurde die Deutsche Arbeitsfront (DAF) unter Leitung von Robert Ley gegründet. Sie nahm sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber auf. Der Beschäftigte durfte sich ab sofort als Mitglied einer „Gefolgschaft“ sehen – der Unternehmer hieß nun Betriebsführer. Die DAF war keine Interessenvertretung, sondern hatte nur ein Ziel, die Vorstellungen einer „Volksgemeinschaft“ statt des Klassenkampfes zu propagieren. Das Kabinett Hitler strebte somit eine Formierung der Wirtschaft an.

Die Deutsche Arbeitsfront widmete sich auch der sozialen Betreuung ihrer Mitglieder: Das Angebot von Billigurlauben für Arbeiter durch eine Organisation mit dem Namen „Kraft durch Freude“ kann als Beginn des Massentourismus angesehen werden, wenn auch unter anderem Vorzeichen als heute.

Die Errichtung von KdF-Seebädern ist ein Beispiel für diese vermeintlich soziale Betreuung. Im Sommer 1935 gab der Leiter der DAF Robert Ley die Planung von fünf KdF-Seebädern mit einer Kapazität von 20000 Urlaubern je Durchgang von 10 Tagen bekannt. Das erste Seebad sollte auf der Insel Rügen, in der Schmalen Heide an der Prorer Wieck, auf einer Länge von vier Kilometern errichtet werden.

Diese Großseebäder sollten auf der einen Seite die kulturellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer befriedigen und vor allem kostengünstige Urlaubsplätze für kinderreiche Familien zur Verfügung stellen. Auf der anderen Seite wollte man hier die Urlauber bewusst im Sinne der Volksgemeinschaft ideologisch beeinflussen. Am 02.05.1936 fand die Grundsteinlegung statt. Im April 1938 begann der straff und rationell organisierte Hochbau. In zirka 17 Monaten Bauzeit war der Rohbau errichtet. Die Fertigstellung für die gesamte Anlage war für 1941 vorgesehen. Nach Ausbruch des Krieges wurden aber fast alle Arbeitskräfte abgezogen, so dass man den Bau 1942/1943 einstellte.

Baustelle des Seebades Prora 1939

Gleichschaltung der Jugend

Strukturierung

Bei der Gleichschaltung der Gesellschaft legte die NS-Führung ein Hauptaugenmerk auf die Jugend. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden etliche Jugendverbände zerschlagen. An ihre Stelle trat die Hitler-Jugend (HJ), die auf dem 2. Reichsparteitag der NSDAP am 03./04.07.1926 in Weimar als nationalsozialistische Jugendbewegung gegründet worden war.

Plakat der Reichsjugendführung zum Adolf-Hitler-Marsch

Die Mitgliedschaft in der Hitler-Jugend war anfangs noch freiwillig. Erst am 01.12.1936 trat das „Gesetz über die Hitler-Jugend“ in Kraft. Damit wurde aus der freiwilligen Mitgliedschaft eine Zwangsmitgliedschaft. Die Zahl der HJ-Mitglieder stieg von rund 100000 im Jahr 1932 auf 8,7 Millionen im Jahr 1939 an. Nach Einführung der Zwangsmitgliedschaft waren nahezu alle Jugendlichen Mitglied der HJ.

Die uniformiert auftretende und militärisch organisierte HJ, in der das Prinzip „Jugend wird von Jugend geführt“ weitgehend verwirklicht wurde, gliederte sich nach Altersgruppen und Geschlecht: Das Deutsche Jungvolk (DJ) erfasste die 10- bis 14-jährigen Jungen, die eigentliche HJ die 14- bis 18-jährigen Jungen. In gleicher Weise waren die zur HJ gehörenden Mädchenverbände in Jungmädelbund (JM) und Bund Deutscher Mädel (BDM) gegliedert. Hinzu kam 1938 das BDM-Werk „Glaube und Schönheit“ für die 17- bis 21-jährigen Frauen, die auf freiwilliger Basis auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet wurden. An Vorabenden des Geburtstags des „Führers“ Adolf Hitler sowie auf Reichsparteitagen wurden die in das Deutsche Jungvolk und den Jungmädelbund eintretenden „Pimpfe“ und „Jungmädel“ ebenso feierlich verpflichtet wie die in die HJ und den BDM überführten 14-jährigen Jungen und Mädel; die über 18-jährigen HJ-Mitglieder wurden feierlich in die NSDAP aufgenommen und öffentlich vereidigt.

Struktur der Hitler-Jugend

Funktionen der Hitler-Jugend

Die Hitler-Jugend

Seit dem 01.05.1931 war die HJ der Obersten Führung der Sturmabteilung (SA) unterstellt. Nach dem Verbot der SA vom April 1932 arbeitete die als SA-Gliederung ebenfalls verbotene HJ als „Nationalsozialistische Jugendbewegung“ weiter. Mit Ernennung Baldur von Schirachs zum Reichsjugendführer und Amtsleiter der NSDAP wurde die HJ der NSDAP angegliedert.

„Die sieben Schwertworte des Jungvolkjungen“

Feierliche Aufzüge, Propagandamärsche und Paraden, Fahrten, „Geländespiele“ und geselliges Lagerleben machten die HJ für viele Jugendliche attraktiv. Wesentlicher Bestandteil des HJ-Dienstes war der sog. Heimabend, an dem sich einmal wöchentlich kleinere HJ-Ortsgruppen trafen, um Aktivitäten vorzubereiten. Zu den Heimabenden zählte das gemeinsame Hören von propagandistischen Radiosendungen, die speziell für die Jugend produziert wurden. Über die HJ erfolgte nicht nur die Vermittlung der NS-Ideologie mit ihrem Wertesystem von Gefolgschaftstreue, Kameradschaft, Pflichterfüllung und Willensstärke; mit der Betonung der körperlichen Leistungsfähigkeit und ihrer paramilitärischen Ausbildung diente die HJ auch immer stärker der Rekrutierung von Soldaten.

Während des Krieges kamen zum HJ-Dienst zunehmend Aufräumaktionen, Luftschutzdienst und Sammelaktionen für Kleider, Altmetall oder für das Winterhilfswerk (WHW) hinzu. Die HJ war auch an der Organisation der Kinderlandverschickung (KLV) wesentlich beteiligt. Der Zwangscharakter und die immer deutlicher hervortretende Militarisierung des HJ-Dienstes schufen vor allem während des Krieges ein wachsendes Potential an Jugendopposition.

Aufgaben:

1  Fassen Sie die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes über die Hitler-Jugend vom 01.12.1936 mit     eigenen Worten zusammen!

2  Welche Bildungs- und Erziehungsziele sollte die Hitler-Jugend erfüllen, mit welchen Mitteln und Methoden     sollten diese Ziele erreicht werden? Beachten Sie hierzu die Verordnung zum HJ-Dienst vom 15.03.1934!

Lösungen

  • Eingliederung der deutschen Jugend in eine Organisation;
    Gleichschaltung der Jugend
  • Unterordnung unter den Reichsjugendführer
  • Erziehung zum Gehorsam für „Führer, Volk  und Vaterland“
  • Vorbereitung der Jugend auf den Krieg
  • frühestmögliche Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Sinn
  • Erziehungsgrundsatz: Einheit von Körper, Geist und Seele
  • Formung des neuen nationalsozialistischen Mensches
  • Erziehung zu Unterordnung, Treue, Gehorsam, Tapferkeit,
    Ehre, Kameradschaft, Wahrheit, Treue, Haltung und Härte
  • Erziehung zu höchster körperlicher Leistungsfähigkeit
  • Turnabende, Geländespiele, Übungsmärsche,
    Schießübungen, Lager und Fahrten

Die Kirche

Allgemeiner Überblick

Ein weiterer großer gesellschaftlicher Bereich, den die NS-Führung in den Staat integrieren und somit gleichschalten wollte, waren die Kirchen. Den beiden Glaubensgemeinschaften gelang es aber – der katholischen Kirche vollständig und der evangelischen Kirche als sog. Bekennende Kirche zumindest in Teilbereichen – ihre organisatorische Unabhängigkeit gegenüber dem NS-Staat zu wahren. Auch die religiösen Inhalte konnten gegen weltanschauliche Monopolansprüche verteidigt werden. Des Weiteren behielten die Kirchen die Möglichkeit, der Ideologie und dem inhumanen Vorgehen der Nationalsozialisten christliche Normen und Werte entgegenzusetzen. Jedoch nutzten sie diese unabhängige Position nicht für einen entschiedenen politischen Widerstand gegen das NS-Regime.

Die evangelische Kirche

Die evangelische Kirche zeigte 1933 eine große Bereitschaft, eine Verbindung mit dem NS-Regime einzugehen, da man sich Hilfe gegen den Marxismus und den befürchteten Sittenverfall versprach. Weitere Anknüpfungspunkte waren der Antisemitismus und die Ablehnung der Weimarer Republik. Der „Deutsche Evangelische Kirchenbund“ war zu dieser Zeit ein loser Verband aus 28 reformierten und lutherischen Landeskirchen. Daneben formierte sich die Glaubensbewegung Deutsche Christen als innerkirchlicher Teil der NSDAP. Die Reichsführung versprach der evangelischen Kirche bei einer Zentralisation unter einem Reichsbischof eine wirkungsvollere Organisation.

Im Juli 1933 fanden Synodalwahlen statt, bei denen sich die Deutschen Christen mit Hilfe von Hitler und der SA durchsetzten. Zum Reichsbischof wurde der Wehrkreispfarrer Ludwig Müller gewählt.

Auf einer Kundgebung im November 1933 in Berlin verlangten die Deutschen Christen die Vertreibung der Juden aus der Kirche und die Trennung von der Lehre des Apostels Paulus und vom Alten Testament. Viele Protestanten sahen darin eine Verletzung der Reichskirchenverfassung, die auf der ganzen Bibel und den Reformationsgrundsetzen beruhte. Außerdem kam hinzu, dass der Staat für die Einsetzung der Pfarrer in ihr Amt einen Ariernachweis verlangte. Daraufhin gründete Pastor Martin Niemöller den Pfarrernotbund. Bis Ende 1933 gehörten ihm ein Drittel der evangelischen Pfarrer an.

1934 berief der Kreis der Bekennenden Kirche zwei Synoden ein, an denen auch die Bischöfe der lutherischen Kirchen Bayerns, Württembergs und Hannovers teilnahmen. Die Synoden wiesen den Totalitätsanspruch des Staates zurück und lehnten die Einführung des Führerprinzips in den Kirchen ab. Ein „Bruderrat“ der Bekennenden Kirche wurde der unrechtmäßigen Leitung des Reichsbischofs entgegengestellt. In einer Denkschrift der Bekennenden Kirche an Adolf Hitler aus dem Jahre 1936 wandte man sich nachdrücklich gegen Antisemitismus, Eidmissbrauch, die Konzentrationslager und die gottähnliche Verehrung des Führers. Etwa 800 Mitglieder der Bekennenden Kirche wurden daraufhin verhaftet. Die Gleichschaltung der evangelischen Kirche war jedoch gescheitert.

Die katholische Kirche

Vor der Machtübernahme kritisierte die katholische Kirche den Nationalsozialismus sehr scharf. Sie erklärte das „positive Christentum“ der NS-Ideologie als unvereinbar mit der katholischen Lehre.

Auf der Fuldaer Bischofskonferenz 1933 wurde jedoch das nationalsozialistische Regime anerkannt. Gleichzeitig riefen die Bischöfe die deutschen Christen zur Loyalität gegenüber dem Staat auf. In dieser Situation boten Adolf Hitler und Franz von Papen der katholischen Kirche Konkordatsverhandlungen an. Am 20.07.1933 wurde zwischen der Reichsregierung und dem Vatikan das Reichskonkordat unterzeichnet.

Die Bestimmungen des Reichskonkordats hielt die NS-Führung von Anfang an nicht ein. Man versuchte stets den kirchlichen Einfluss zurückzudrängen und die Arbeit der Kirche zu behindern. 1933 kam es zum ersten offenen Konflikt zwischen der Reichsführung und der katholischen Kirche, da Alfred Rosenbergs christenfeindliche Schrift „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“ für den Schulgebrauch empfohlen wurde. Der Vatikan setzte dieses Buch auf den Index der verbotenen Bücher. Die Bischöfe erließen einen Hirtenbrief gegen das NS-Propagandawerk. Daraufhin wurde zahlreiche Geistliche verhaftet. Papst Pius XI. verwarf in seiner Enzyklika „Mit brennender Sorge“ den Nationalsozialismus.