DDR: Boden- und Industriereform

Ein Spezifikum in der sowjetischen Besatzungszone

Mit einer Boden- und Industriereform sollte in der SBZ den Großgrundbesitzern und „Junkern“ sowie den Großindustriellen, die als Stützen des Nationalsozialismus angesehen wurden, die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden. Unter dem Schlagwort „Junkerland in Bauernhand“ wurde schon im Sommer 1945 die entschädigungslose Enteignung jeglichen Grundbesitzes über 100 Hektar propagiert. Eine Bodenreform befürworteten grundsätzlich alle Parteien in der sowjetischen Besatzungszone.

Das enteignete Land wurde in durchschnittlich 5 Hektar große Parzellen aufgeteilt und an Landarbeiter, Vertriebene und Kleinbauern übergeben. Rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche war von der Bodenreform betroffen – 3,3 Millionen Hektar Äcker, Wälder und Wiesen. Das verteilte Land durfte von den „Neubauern“ weder verpachtet noch verkauft werden. Wurde das Land nicht bewirtschaftet, konnten sogar die Eigentumsrechte an Grund und Boden verfallen.

Die Verteilung von zwei Dritteln des enteigneten Landes hatte primär zwei Ziele: Einerseits sollte die bis dahin noch landlose Bevölkerung politisch gewonnen werden, andererseits war die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln möglichst rasch zu sichern. Außerdem schuf die Bodenreform gewisse Voraussetzungen für künftige Veränderungen der Eigentumsverhältnisse auf dem Land. Die Enteignung der Großgrundbesitzer und Großbauern sowie die Aufteilung des Landes in Parzellen führte besonders in den gutsherrschaftlich geprägten Regionen Mecklenburgs, Vorpommerns und Brandenburgs zu einer nunmehr einzel- und kleinbäuerlichen Agrarstruktur. Trotz der Bemühungen um eine gute Ausstattung der Neubauern mit Vieh, Maschinen, Geräten und Gebäuden blieb die Wirtschaftskraft der neuen Höfe begrenzt. Bereits in den frühen 50er Jahren gerieten die Neubauernbetriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es setzte eine erste Welle der Landflucht ein.

Die Industriereform hatte die Beschlagnahmung aller Betriebe, die ursprünglich im Besitz des deutschen Staates sowie der NSDAP und aller ihrer Organisationen waren, zur Folge. Fast 50% der Industriekapazität der SBZ wurden beschlagnahmt. Ein Volksentscheid in Sachsen am 30.06.1946 legitimierte diese Enteignung von „Nazi- und Kriegsverbrechern“, denn 77,6% aller Abstimmenden votierten dafür. Ohne vorheriges Referendum wurden bis zum April 1948 nun auch Enteignungen in den übrigen Ländern der SBZ vorgenommen. Damit war das Fundament für eine Zentralplanwirtschaft gelegt.

Schlüsselbegriffe: Wirtschaftsformen

Sie haben auf diese Seiten folgende Schlüsselbegriffe kennengelernt und sollten sie verwenden können:

  • Marktwirtschaft: Wirtschaftsform, in der sich Produktion und Verteilung der Erzeugnisse nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage regeln. Die Preise werden der Idealvorstellung nach durch das selbe Prinzip gebildet: Ist der Angebot hoch, sinken die Preise, ist es niedrig, steigen sie etc.
    In ihrer ungezügelten Form („Manchester-Kapitalismus“) geriet sie nicht erst in jüngster Zeit in Kritik, da die Gefahr besteht, dass schwache Wirtschaftssubjekte chancenlos bleiben und staatliche Ordnungspolitik ausgehebelt wird.
  • Planwirtschaft: Wirtschaftsordnung, bei der (im Gegensatz zur Marktwirtschaft) eine zentrale Planungsbehörde entsprechend staatlichen Zielvorgaben mithilfe staatlicher Pläne die gesamte Volkswirtschaft steuert. So wurden in sozialistischen Staaten in mehrjährigen Plänen (Fünfjahrespläne) die vorgegebenen Zielstellungen auf Wirtschaftsbereiche und Betriebe aufgeschlüsselt. Die Betriebspläne mit Festlegungen für Produktionsziele, Preisgestaltung, Investitionsvorhaben, Exportauflagen, Löhne und Gehälter sind verbindlich, so dass kaum Möglichkeiten bestehen, Pläne im Bedarfsfall zu korrigieren.
    Als Hauptkritikpunkte werden genannt: Bürokratisierung der Wirtschaft, Inflexibilität, Missachtung der Bedürfnisse von Verbauchern und Nichtberücksichtigung eines freiheitlichen Menschenbilds.

DDR: Planwirtschaft

Die sozialistische Planwirtschaft

Auf der Grundlage der bis 1949 durchgeführten Maßnahmen wurden in der DDR bis 1955 die Eigentumsformen und die Wirtschaftsordnung rigoros nach sowjetischem Vorbild verändert. Ziel war eine sozialistische Zentralplanwirtschaft. Mitte der 50er Jahre waren die wichtigsten Produktionszweige (Energie, Stahl, Chemie) und die entscheidenden Industriebetriebe sozialisiert. Der Großhandel ging fast völlig in Staatseigentum über, während es im Handwerk, in der Landwirtschaft und der Konsumgüterindustrie noch einen relativ großen Anteil an Privateigentum gab. So existierten 1955 noch über 13000 Privatbetriebe. Getreu der Losung „Von den Sowjetmenschen lernen heißt siegen lernen“ sollte sich die gesamte DDR-Wirtschaft nach den Prinzipien der sowjetischen Planwirtschaft entwickeln. Dies bedeutete eine zentrale staatliche Lenkung und Kontrolle aller wirtschaftlichen Vorgänge.

Die langfristige Wirtschaftslenkung und -planung war Aufgabe der 1950 gegründeten Staatlichen Planungskommission. Sie erstellte als Grundlage der wirtschaftlichen Planung mehrjährige Perspektivpläne, die stark von politischen Zielsetzungen bestimmt waren, und überwachte die Planerfüllung. Der erste Fünfjahresplan von 1951 bis 1955 verfolgte vorrangig das Ziel, die Industrieproduktion zu verdoppeln und die Folgen von Kriegszerstörungen, Demontagen und Reparationen zu beseitigen. Der Ausbau der Energiewirtschaft, der Schwerindustrie und der chemischen Industrie geschah jedoch zu Lasten der Konsumgüterproduktion und des Wohnungsbaus. Diese Planziele wurden auch – anders als in späteren Jahren – im Wesentlichen erreicht. Wirtschaftsbeziehungen entwickelte die DDR vornehmlich zu den ebenfalls planwirtschaftlich organisierten Ostblockländern, die die DDR 1950 in den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) aufnahmen.

Plakat des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Vor allem in der Landwirtschaft ging die Kollektivierung trotz Propaganda nur langsam voran und wurde erst 1960 abgeschlossen. Ulbricht setzte mit harter Hand ab 1959 die Volkskollektivierung der Landwirtschaft durch. Zahlreiche Mitarbeiter von Gerichten, der Volkspolizei, der Staatssicherheit und Industriearbeiter zogen über das Land, um die Bauern zu überzeugen, ihr Land abzutreten und landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) beizutreten. Es kam zu Selbstmorden und viele Bauern flüchteten in die Bundesrepublik. Innerhalb weniger Wochen stieg der Anteil des LPG-Landes dennoch von 40,2 auf 84,2% an. Die Folgen waren dramatisch: Die Erträge sanken rapide ab. 1960 gab es 19000 LPGs, die durchschnittlich 280 Hektar Nutzfläche bewirtschafteten.

Werbeplakat für den Eintritt in die LPG