Komplexe technische Systeme – Reaktortypen
Leichtwasserreaktoren
Leichtwasserreaktoren sind zudem selbststabilisierend: Eine erhöhte Spaltaktivität bewirkt eine höhere Wärmeproduktion, wodurch die Temperatur des Wassers steigt. Dadurch nimmt seine Dichte ab, es sind weniger Moderatorkerne pro Volumeneinheit vorhanden, so dass die Moderatorwirkung abnimmt. Weniger thermische Neutronen bedeuten aber weniger Spaltungen, wodurch die Energiefreisetzung reduziert wird. Auch wenn durch ein Leck im Kühlsystem das Kühlwasser ausdampfen sollte, reißt die Kettenreaktion sofort ab, weil kein Moderator mehr vorhanden ist. Ein Durchgehen eines Leichtwasserreaktors im Sinne einer unkontrollierten Kettenreaktion (wie bei einer Atombombe) ist physikalisch nicht möglich.
Bei den Leichtwasserreaktoren sind zwei unterschiedliche Reaktorlinien in Betrieb, und zwar Siedewasserreaktoren und Druckwasserreaktoren.
Siedewasserreaktoren
Kernkraftwerke mit Siedewasserreaktoren sind ähnlich aufgebaut wie Dampfkraftwerke. Die Dampferzeugung erfolgt hier jedoch im Kernreaktor selbst, der zu etwa zwei Dritteln mit Wasser gefüllt ist. Die in den Brennelementen erzeugte Wärme bringt das Wasser im Reaktor zum Sieden. Der dadurch entstehende Wasserdampf wird nach der Trocknung direkt zur Turbine geführt. Das nach der Turbine kondensierte Wasser wird mit Hilfe von Pumpen in das Reaktorgefäß zurückgepumpt. Beim Siedewasserreaktor ist im Unterschied zum Druckwasserreaktor nur ein Wasser/Dampfkreis vorhanden.

Da im Reaktorkern eine radioaktive Kontaminierung des Wassers bzw. des Dampfes entsteht, müssen alle Komponenten des Dampfkreislaufes einschließlich der Turbinen in die Strahlenschutzmaßnahmen einbezogen werden. Aus diesem Grunde benötigt beim Siedewasserreaktor auch das Maschinenhaus eine sichere Abschirmung.
Druckwasserreaktoren
Kernkraftwerke mit Druckwasser-reaktor besitzen zwei Kreisläufe. Der Primärkreislauf transportiert die Wärme aus dem Reaktor, ohne dass das Wasser in diesem Kreislauf siedet. Das ist möglich, weil das Wasser unter entsprechend hohem Druck steht. Die Wärme wird über einen Wärmetauscher an einen Sekundärkreis mit Dampferzeuger abge-geben. Dieser Sekundärkreis schließlich enthält die Turbine. Der Vorteil ist, dass durch die zwei getrennten Kreisläufe der Sekundärkreislauf keine radioaktiven Verunreinigungen enthält, weshalb auch keine Abschirmungen zum Strahlenschutz im Sekundärkreislauf erforderlich sind. Freilich ist ein höherer Aufwand nötig und der Wirkungsgrad geringer.

Kernkraftwerke versorgen in Deutschland den Grundlastbereich mit ca. 30% der gesamten öffentlichen Stromerzeugung. Sie sind damit (noch) ein wesentlicher Pfeiler in der Elektrizitätsversorgung, ob schon ihr Ende mit entsprechend langen Restlaufzeiten besiegelt ist.