Metallische Werkstoffe
Historische Anmerkungen zu den Werkstoffen
Entscheidende technische Fortschritte gab es in der Menschheitsgeschichte immer nur im Zusammenhang mit neuen Werkstoffen. Die Werkstoffe prägten die Lebensformen der Menschen so sehr, dass man ganze Epochen nach den dort vorherrschenden Werkstoffen bezeichnet: Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit. Auch die erste industrielle Revolution wäre ohne den Werkstoff Stahl nicht möglich gewesen; Dampfmaschine und Eisenbahn waren Folgeprodukte des nunmehr im industriellen Maßstabe herstellbaren Werkstoffes Stahl. Heute ist die Anzahl der zur Verfügung stehenden Werkstoffe nahezu unübersehbar. Als Schlüsselwerkstoffe gelten zur Zeit die Halbleiter, so dass manche glauben, unsere Zeit könnte im Rückblick einmal „Siliciumzeit“ genannt werden.
Methoden der Werkstofftechnik
Während in früheren Zeiten verbesserte oder neue Werkstoffe empirisch entwickelt wurden, überlässt man heutzutage eine neue Werkstoffentwicklung nicht dem Zufall, sondern setzt gezielt wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Zu diesem Zwecke hat man immer leistungsfähigere Methoden entwickelt, um den inneren Aufbau (die Struktur) der Werkstoffe besser erforschen zu können. Durch gezieltes Ändern im Inneren der Werkstoffe versucht man, Werkstoffe „nach Maß“ mit optimalen Eigenschaften zu entwickeln. Auch hierfür ist die Mikroelektronik ein eindrucksvolles Beispiel, bei dem es gelingt, im Inneren eines Siliciumkristalls feinste, aber hochkomplexe Strukturen zu erzeugen.
Bedeutung der Werkstoffe
Wegen der herausragenden Bedeutung der Werkstoffe ist die Kenntnis über die wichtigsten Werkstoffe sehr wichtig. Ein Einblick in das inzwischen weit verzweigte und hoch spezialisierte Gebiet der Werkstoffe soll hier gegeben werden. Dabei wird versucht, nicht einzelne Werkstoffe in den Mittelpunkt zu stellen und Fakten über deren Eigenschaften anzuhäufen, sondern die Werkstoffe sinnvoll nach ihren Eigenschaften zu gliedern und ihre wichtigsten Eigenschaften aus ihrer inneren Struktur heraus zu verstehen. Damit lassen sich dann am ehesten neue technische Entwicklungen auf dem Gebiete der Werkstoffe verstehen und beurteilen.





Was versteht unter Werkstoffen?
Übersicht: Einteilung der Werkstoffe in Werkstoffgruppen
Eine erste grobe Einteilung berücksichtigt die überragende Bedeutung der Metalle und stellt ihnen die Nichtmetalle gegenüber.
Metalle
Ob ein Stoff zu den Metallen gehört, erkennt man in der Regel an seiner elektrischen Leitfähigkeit, die bei Metallen wesentlich höher ist als bei den Nichtmetallen. Da die Wärmeleitfähigkeit zum Teil auf den gleichen Mechanismen wie die elektrische Leitfähigkeit beruht, zeigen Metalle auch eine gute Wärmeleitfähigkeit. Zudem sind der metallische Oberflächenglanz, die gute Verformbarkeit und die Legierbarkeit ebenfalls charakteristische Metalleigenschaften. Die Metalle sind nach wie vor die wichtigsten Konstruktionswerkstoffe, wenn es auf mechanische Festigkeit ankommt. Hier sind besonders Stahl und Aluminium zu nennen.
Diese erste Grobeinteilung (Metalle – Nichtmetalle) wird zumeist um die Naturstoffe erweitert. Man unterscheidet mineralische (Sandstein, Granit, Diamant usw.) und organische (Holz, Kautschuk usw.) Naturstoffe.
Da die sog. Nichtmetalle außerordentlich unterschiedliche Werkstoffe mit verschiedensten Eigenschaften sind, werden sie noch einmal untergliedert.
Halbleiter
Eine Übergangsstellung zwischen den Metallen und Nichtmetallen nehmen die Halbleiter ein. Ihre technisch wichtigsten Vertreter sind Silicium und Germanium. Halbleiter sind bei Raumtemperatur schlechtere elektrische Leiter als die Metalle. Sie leiten aber den elektrischen Strom zumeist besser als die anderen Nichtmetalle . Im Gegensatz zu den Metallen nimmt bei den Halbleitern die Leitfähigkeit mit steigender Temperatur zu. Insbesondere Silicium hat in der modernen Elektronik eine außergewöhnliche Bedeutung erlangt. Auf Halbleiter wird hier nicht näher eingegangen.
Keramische Werkstoffe
Ebenfalls zu den Nichtmetallen zählt die Gruppe der keramischen Werkstoffe. Dies ist die Gruppe der nichtmetallisch-anorganischen Werkstoffe. Zu ihnen zählen u.a. die Werkstoffe Glas, Baustoffe und Bindemittel (Ziegel, Zement, Beton), Oxidkeramik (Aluminiumoxid Al2O3 u.a.), Ton, Porzellan. Sie sind sehr schlechte elektrische und Wärmeleiter und zeichnen sich durch hohe Schmelztemperaturen sowie große Härte aus. Der Hauptnachteil der Werkstoffe aus dieser Gruppe ist die Sprödigkeit, wie man sie von Glas oder Porzellan her kennt. Man setzt die Werkstoffe dieser Gruppe dort ein, wo es auf große Härte (Schneidkeramik), Hitzebeständigkeit (Ofenausmauerungen) und elektrische Isolierfähigkeit (Hochspannungsisolatoren) ankommt. Zudem gehören die meisten Baustoffe dieser Gruppe an.
Kunststoffe
Die Kunststoffe oder genauer die Polymerwerkstoffe sind eine relativ neue Werkstoffgruppe. Sie werden künstlich aus kohlenstoffhaltigen Verbindungen hergestellt. Kunststoffe sind elektrisch isolierend, also sehr schlechte elektrische Leiter und haben niedrige Schmelztemperaturen. Besonders vorteilhaft wirken sich das geringe Gewicht und die Korrosionsbeständigkeit der Kunststoffe aus. Durch die synthetische Herstellung gelingt es, Kunststoffe mit unterschiedlichsten Eigenschaften zu entwickeln. Dementsprechend sind Kunststoffe in unserer Zeit allgegenwärtig: von der Einkaufstragetasche bis zu hoch spezialisierten Einsätzen in der Luft- und Raumfahrt reicht das Spektrum.
Verbundwerkstoffe
Eine Sonderrolle nimmt die Gruppe der Verbundwerkstoffe ein. Hier handelt es sich eigentlich um keine „neuen“ Werkstoffe; vielmehr besteht ein Verbundwerkstoff aus einem Verbund (einer Kombination) von verschiedenen Werkstoffen, mit dem Ziel, die positiven Eigenschaften der beteiligten Werkstoffe zu erhalten und die negativen zu kompensieren . Man erhält durch den Verbund einen Werkstoff mit neuen Eigenschaften. Beispiele: Die geringe mechanische Festigkeit von Kunststoff und die Sprödigkeit von Glas, beides unerwünschte Eigenschaften, kompensiert man im glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK). Beton darf nur sehr wenig auf Zug belastet werden, Stahl rostet; beide Werkstoffe kombiniert zu Stahlbeton, ergeben einen Verbundwerkstoff, bei dem der Stahl die Zugkräfte aufnimmt und der Beton den Stahl vor Korrosion schützt.
Tabellarische Zusammenstellung der Eigenschaften
Die Zusammenstellung der Werkstoffe in die vier Werkstoffgruppen hat man nach den Eigenschaften der Werkstoffe vorgenommen. Die einer Gruppe angehörenden Werkstoff haben gemeinsame charakteristische Eigenschaften, die für diese Gruppe typisch sind.
Sie sind nachfolgend tabellarisch dargestellt:
| Metalle | Keramische Werkstoffe | Kunststoffe | Verbundwerkstoffe |
| sehr gute elektrische Leiter | schlechte elektrische Leiter | schlechte elektrische Leiter | Kombination von mindestens zwei Werkstoffen |
| Oberflächenglanz | hohe Wärmebeständigkeit | geringe Wärmebeständigkeit | nutzt die Vorteile, kompensiert die Nachteile |
| gute Verformbarkeit | sehr große Härte | sehr leicht | z.B. GFK, Stahlbeton |
| hohe Festigkeit | Nachteil: Sprödigkeit | geringe Festigkeit | z.B. Beton: korrosionsbeständig Stahl: hohe Zugfestigkeit |