Verdrängungsmechanismen und Vergangenheitsbewältigung
Vergangenheitsbewältigung
Die Deutschen: Weltmeister im Vergangenheitsbewältigen?
So verbreitet diese Ansicht auch unter jüngeren Menschen ist, so wenig beschreibt sie die wirklichen Verhältnisse im Umgang mit dem Nationalsozialismus.
Man kann verschiedene Phasen unterscheiden:
Zunächst gab es die Phase der von den Alliierten in ihren Besatzungszonen durchgeführten politischen Säuberung insbesondere in den Reihen der Beamtenschaft. Sie umfasste etwa die Jahre 1945 bis 1948 und endet abrupt mit dem „Ausbruch“ des Kalten Krieges, der zugleich das Ende der juristischen Aufarbeitung durch die Alliierten markiert.
In den fünfziger Jahren wurden einzelne Aktionen im Rahmen der Entnazifizierung rückgängig gemacht. Der Historiker Norbert Frei nennt diesen Vorgang ironisch die „Bewältigung der frühen NS-Bewältigung“. So übte man sich vornehmlich im kollektiven Schweigen über „die unaussprechbaren Gräuel“ (zeitgenössisches Zitat), wie es hieß, und verzichtete weitgehend auf Strafverfolgung entdeckter NS-Täter. Einige Staatsanwaltschaften können gleichwohl als rühmliche Ausnahme gelten.
Erst gegen Ende dieses Jahrzehnts rückte der Mord an den europäischen Juden in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Einen nicht zu überschätzenden Anteil daran hatten Intellektuelle und Schriftsteller wie Peter Weiss, der mit seinem dokumentarischen Theaterstück „Die Ermittlung“ den Frankfurter Auschwitzprozess auf die Bühne und anschließend ins Fernsehen brachte. Rolf Hochhuth schrieb das Drama „Der Stellvertreter“, das 1961 entstand, aber erst nach längeren Querelen mit der Verlagsleitung 1963 veröffentlicht werden konnte. Das Stück kritisiert die Haltung des Papstes gegenüber dem Holocaust.
Phase 4 führt unter anderem zu einer Neubewertung der Rolle der Wehrmacht im Eroberungskrieg – sie galt bis dahin als „sauber“, soll heißen: als an den Verbrechen der Nationalsozialisten unbeteiligt. Der deutsche Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde nicht länger als „Vaterlandsverrat“ bewertet, sondern sollte eine positive, wenn nicht gar demokratische Tradition begründen.
In der Gegenwart ergibt sich ein eher vielfältiges Bild: Die Befassung mit der NS-Zeit füllt die Fernsehprogramme nicht zuletzt der Privatsender, aber zugleich wird ein zunehmender Unwille, sich mit dieser Zeit zu befassen, deutlich, dem in groß inszenierten Veranstaltungen eine Art „Erinnerungsimperativ“ entgegengesetzt wird. Ferner rückt zumindest in einigen Kreisen die Opfergeschichte der Deutschen in den Vordergrund, wie die Auseinandersetzung um ein in Berlin zu errichtendes Museum für Flucht und Vertreibung zeigt.
Aufgabe 1:
Analysieren Sie folgende Umfrageergebnisse dahingehend, inwiefern Entnazifizierung und Re-Education seitens der Alliierten erfolgreich waren.
Quellen: Ergebnisse von Bevölkerungsumfragen des Instituts für Demoskopie in Allensbach:

Quelle: Weber, Jürgen: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Band IV (Die Bundesrepublik wird souverän 1950-1955). München 1998; S. 362ff.


Quelle: Weber, Jürgen: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Band IV (Die Bundesrepublik wird souverän 1950-1955). München 1998; S. 362ff.


Quelle: Weber, Jürgen: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Band IV (Die Bundesrepublik wird souverän 1950-1955). München 1998; S. 362ff.
Aufgabe 2:
Deuten Sie auf Grundlage der Umfrageergebnisse folgende Karikatur aus England zum Thema ‚Entnazifizierung‘!

Die Wurzeln müssen heraus (Grafik eines amerikanischen Zeichners im Frühjahr 1945)