Bildung des Selbstkonzepts

Das Selbstkonzept entsteht schon in der frühkindlichen Entwicklungsphase, ist jedoch sehr wandelbar. Denn Erfahrungen werden stetig aufgrund von Wertvorstellungen, die ebenfalls zum Selbstkonzept gehören, als positiv oder negativ bewertet und können somit das Selbstkonzept verändern.

Rogers sieht das menschliche Leben als Prozess ständiger Selbstaktualisierung, Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung. Auf seinem Weg zur Selbstverwirklichung in einen Zustand der inneren Einheit, d.h. Kongruenz, benötigt das Individuum trotz seiner eigenen positiven und konstruktiven Kräfte und eigener positiver Erfahrungen emotionale, positive Zuwendung von seiner Umwelt, von Bezugspersonen.

Es sind nach dem Ehepaar Anne-Marie und Reinhard Tausch (1998) sowie nach F. Schulz von Thun (2003) insbesondere die positiven bzw. negativen Rückmeldungen, die man von anderen Personen – insbesondere Bezugspersonen – erhält, die ausschlaggebend sind für die Sichtweise, die eine Person von sich selbst hat:

Inhalte werden über Beziehungsbotschaften vermittelt

„Das Selbstkonzept eines Menschen ist ein Produkt von früheren Beziehungsbotschaften.“
F. Schulz von Thun, Miteinander reden 1, Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation, 2003

Das Bewusstsein über sich selbst, über individuelle Fähigkeiten und Eigenschaften, Stärken und Schwächen erwirbt das Kind vor allem durch die Beziehungsbotschaften, die Eltern, Lehrer und Erzieher dem Kind senden.

Schon durch die Art und Weise, wie die Eltern mit ihrem Kind sprechen und umgehen erfährt es Grundbotschaften, noch bevor es die Sprache versteht, wie zum Beispiel:

  • „Du bist erwünscht“ oder „Du bist unerwünscht“.

Dadurch wird das Selbstkonzept des Kindes grundlegend geprägt. Diese Erfahrungen werden im Verlauf der Erziehung erweitert, sowohl durch ausdrückliche Mitteilungen, wie zum Beispiel

  • „So kann aus dir nie etwas Vernünftiges werden!“ oder
  • „Du bist talentiert und kannst etwas aus dir machen!“,

als auch durch Botschaften zwischen den Zeilen wie

  • Muss man dir immer alles erst mehrfach erklären, bis du etwas begreifst? oder
  • Ich traue dir zu, diese Entscheidung selbständig zu treffen.

Durch diese Botschaften vermitteln die Bezugspersonen den Kind ihre Forderungen und Wünsche. Diese Ansprüche prägen maßgeblich das Selbstkonzept des Heranwachsenden, insbesondere das idelle Bild der eigenen Person.

Das Kind erfährt, dass seine Umwelt ihn bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten an- bzw. aberkennt. Diese Zuschreibungen prägen maßgeblich die Sichtweise des Kindes auf sich selbst.

Exemplifikation

Das Kind hört z.B. die Aussage seiner Eltern:„Man merkt an deinen Noten, dass du ein kluger Kopf bist. Du kannst mal richtig was aus dir machen! Wenn du weiterhin so fleißig lernst, stehen dir später alle Türen offen! Wir sind sehr stolz auf dich!“

Beziehungsbotschaft: „Wir sind sehr stolz auf dich!“

= positive, wertschätzende, liebvolle Beziehung

 Forderung/ Wunsch der Bezugsperson:

 

„Wenn du weiterhin so fleißig lernst…“

= Wunsch: das Kind soll fleißig lernen

„stehen dir später einmal alle Türen offen“

= keine/ geringe Forderungen (Das Kind darf selbst entscheiden was aus ihm werden soll)

Zuschreibung: kluger Kopf, fleißig,…

Beschaffenheit des Selbstkonzeptes

Das Kind wird sich bald selbst so wie die Bezugspersonen  sehen und achten bzw. gering schätzen.

  • Wertschätzung ist eine Haltung des Erziehers bzw. der Erzieherin, die sich durch Achtung, Wärme und Rücksichtnahme auszeichnet.
  • Geringschätzung ist gekennzeichnet durch Missachtung, Kälte und Ablehnung.
  • Selbstachtung zeichnet sich durch wertende Einstellung und die Wertschätzung zu sich selbst aus.