Normalenvektoren von Geraden
Überblick zu den Inhalten dieses Kapitels
(1) Einen Normalenvektor einer Geraden im 2-Dimensionalen ermitteln
(2) Einen Normalenvektor einer Geraden im 3-Dimensionalen ermitteln
1) Einen Normalenvektor einer Geraden im 2-Dimensionalen ermitteln
Gegeben ist eine Gerade g: \(\overrightarrow{OX}=\overrightarrow{OP}+k\cdot \vec{r}\), von der ein Punkt P und ein Richtungsvektor \(\vec{r}\) bekannt sind.
Gesucht ist ein Vektor \(\vec{n}\), der senkrecht zur Geraden g verläuft – also ein Normalenvektor der Geraden g.
Beobachten Sie in dem folgenden Geogebra-Applet, welcher Zusammenhang im Zweidimensionalen zwischen
- den verschiedenen Normalenvektoren einer Geraden besteht.
- den Koordinaten des Richtungsvektors der Geraden und den Koordinaten des Normalenvektors der Geraden besteht.
Lösung:
Damit der Vektor \(\vec{n}\) senkrecht zur Geraden g verlaufen kann, muss \(\vec{n}\) senkrecht zum Richtungsvektor \(\vec{r}\) von g verlaufen.
Folglich gilt: \(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\) (sog. Orthogonalitätsbedingung).
\(\vec{n}\) ist Normalenvektor von g, d.h:
\(\vec{r}\perp \vec{n} \Rightarrow \vec{r}\cdot\vec{n} = 0\)
Wir setzten die bekannten Koordinaten von \(\vec{r}\) und die noch unbekannten Koordinaten von \(\vec{n}\) in die Orthogonaliätsbedingung \(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\) ein und erhalten eine lineare Gleichung mit den beiden Unbekannten \(n_1\) und \(n_2\).
\(\vec{r}=\begin{pmatrix}r_1 \\r_2\end{pmatrix}\); \(\vec{n}=\begin{pmatrix}n_1 \\n_2\end{pmatrix}\)
\(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\)
\(\Rightarrow r_1\cdot n_1 + r_2\cdot n_2 = 0\)
Falls \(r_1\neq 0\), kann man die Gleichung nach \(n_1\) auflösen.
Es gibt unendliche viele Lösungen, da der Wert für \(n_2\) beliebig gewählt werden darf (außer 0).
\(\Rightarrow n_1 = -\frac{r_2}{r_1} \cdot n_2\)
\(\Rightarrow \vec{n}=\begin{pmatrix}n_1 \\n_2\end{pmatrix}\) \(=\begin{pmatrix}-\frac{r_2}{r_1} \cdot n_2 \\n_2\end{pmatrix}\)
1. Erkenntnis im 2-Dimensionalen
Zieht man \(n_2\) aus dem Vektor \(\vec{n}\), wird deutlich, dass alle als Normalenvektor in Frage kommenden Vektoren stets Vielfache eines einzigen Vektors sind – d.h. sie sind alle linear abhängig voneinander.
\(\Rightarrow \vec{n}=n_2\cdot\begin{pmatrix}-\frac{r_2}{r_1} \\1\end{pmatrix}\)
2. Erkenntnis im 2-Dimensionalen
Da wir für \(n_2\) einen beliebigen Wert (außer 0) wählen dürfen, können wir auch \(n_2 = r_1\) wählen.
In diesem Fall erhält man einen konkreten Normalenvektor \(\vec{n}\), der dem Richtungsvektor \(\vec{r}\) der Geraden g verblüffend ähnlich sieht.
Wähle für \(n_2\) den Wert \(r_1\):
\(\Rightarrow \vec{n}=\begin{pmatrix}-\frac{r_2}{r_1} \cdot r_1 \\r_1\end{pmatrix}\) \(= \begin{pmatrix} – r_2 \\r_1\end{pmatrix}\)
Normalenvektor einer Geraden im 2-Dimensionalen
Man erhält im 2-Dimensionalen einen Normalenvektor \(\vec{n}\) einer Geraden g, wenn man den Richtungsvektor \(\vec{r}\) von g hernimmt und
- die Koordinaten von \(\vec{r}\) vertauscht
- und eine der beiden Koordinaten mit -1 multipliziert.
Außerdem sind alle Normalenvektoren der Geraden linear abhängig von einander, d.h. sie sind alle ein Vielfaches eines einzigen Normalenvektors der Geraden.
2) Einen Normalenvektor einer Geraden im 3-Dimensionalen ermitteln
Gegeben ist eine Gerade g: \(\overrightarrow{OX}=\overrightarrow{OP}+k\cdot \vec{r}\), von der ein Punkt P und ein Richtungsvektor \(\vec{r}\) bekannt sind.
Gesucht ist ein Vektor \(\vec{n}\), der senkrecht zur Geraden g verläuft – also ein Normalenvektor der Geraden g.
Beobachten Sie in dem folgenden Geogebra-Applet, welcher Zusammenhang im Dreidimensionalen zwischen
- den verschiedenen Normalenvektoren einer Geraden besteht.
- den Koordinaten des Richtungsvektors der Geraden und den Koordinaten des Normalenvektors der Geraden besteht.
Lösung:
Damit der Vektor \(\vec{n}\) senkrecht zur Geraden g verlaufen kann, muss \(\vec{n}\) senkrecht zum Richtungsvektor \(\vec{r}\) von g verlaufen.
Folglich gilt: \(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\) (sog. Orthogonalitätsbedingung).
\(\vec{n}\) ist Normalenvektor von g, d.h:
\(\vec{r}\perp \vec{n} \Rightarrow \vec{r}\cdot\vec{n} = 0\)
Wir setzten die bekannten Koordinaten von \(\vec{r}\) und die noch unbekannten Koordinaten von \(\vec{n}\) in die Orthogonaliätsbedingung \(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\) ein und erhalten eine lineare Gleichung mit den drei Unbekannten \(n_1\), \(n_2\) und \(n_3\).
\(\vec{r}=\begin{pmatrix}r_1 \\r_2 \\r_3\end{pmatrix}\); \(\vec{n}=\begin{pmatrix}n_1 \\n_2 \\n_3\end{pmatrix}\)
\(\vec{r}\cdot\vec{n} = 0\)
\(\Rightarrow r_1\cdot n_1 + r_2\cdot n_2 + r_3\cdot n_3= 0\)
Falls \(r_1\neq 0\), kann man die Gleichung nach \(n_1\) auflösen.
Es gibt unendliche viele Lösungen, da der Wert für \(n_2\) und die Wert für \(n_3\) beliebig gewählt werden darf (nur nicht beide gleichzeitg 0).
\(\Rightarrow n_1 = -\frac{r_2}{r_1} \cdot n_2\ – \frac{r_3}{r_1} \cdot n_3\)
\(\Rightarrow \vec{n}=\begin{pmatrix}n_1 \\n_2 \\n_3\end{pmatrix}\) \(=\begin{pmatrix} -\frac{r_2}{r_1} \cdot n_2 \ – \frac{r_3}{r_1} \cdot n_3 \\n_2 \\n_3 \end{pmatrix}\)
1. Erkenntnis im 3-Dimensionalen
Zerlegt man den Lösungsvektor in zwei Vektoren, von denen der erste nur von \(n_2\) und der zweite nur von \(n_3\) abhängt, so kann man anschließend jeweils den Faktor \(n_2\) bzw. \(n_3\) aus den beiden Vektoren ziehen.
Dadurch wird deutlich, dass alle als Normalenvektor in Frage kommenden Vektoren stets eine Linearkombination aus genau zwei Vektoren sind – d.h. sie sind alle parallel zu einer gemeinsamen Ebene (die senkrecht zur Geraden g verläuft) .
\(\Rightarrow \vec{n}\) \(=\begin{pmatrix} -\frac{r_2}{r_1} \cdot n_2 \\n_2 \\0 \end{pmatrix}\) \(+\begin{pmatrix} – \frac{r_3}{r_1} \cdot n_3 \\0 \\n_3 \end{pmatrix}\)
\(\phantom{\Rightarrow \vec{n}}\) \(= n_2\cdot\begin{pmatrix} -\frac{r_2}{r_1} \\1 \\0 \end{pmatrix}\) \(+n_3\cdot\begin{pmatrix} – \frac{r_3}{r_1} \\0 \\1 \end{pmatrix}\)
2. Erkenntnis im 3-Dimensionalen
Wir dürfen für \(n_2\) und \(n_3\) beliebige Werte (nur nicht beide gleichzeitig 0) wählen, also auch \(n_2=r_1\) und \(n_3=0\).
Wähle \(n_2=r_1\) und \(n_3=0\):
\(\Rightarrow \vec{n}\) \(=\begin{pmatrix} -\frac{r_2}{r_1} \cdot r_1 \\r_1 \\0 \end{pmatrix}\) \(=\begin{pmatrix} – r_2 \\r_1 \\0 \end{pmatrix}\)
Oder wir wählen \(n_2=0\) und \(n_3=r_1\).
Wähle \(n_2=0\) und \(n_3=r_1\):
\(\Rightarrow \vec{n}\) \(=\begin{pmatrix} – \frac{r_3}{r_1} \cdot r_1 \\0 \\r_1 \end{pmatrix}\) \(=\begin{pmatrix} – r_3 \\0 \\r_1 \end{pmatrix}\)
Oder wir wählen \(n_2=r_3\) und \(n_3=-r_2\).
Wähle \(n_2=r_3\) und \(n_3=-r_2\):
\(\Rightarrow \vec{n}\) \(=\begin{pmatrix} -\frac{r_2}{r_1} \cdot r_3 +\frac{r_3}{r_1} \cdot r_2 \\r_3 \\- r_2 \end{pmatrix}\)\(=\begin{pmatrix} 0 \\r_3 \\-r_2 \end{pmatrix}\)
Normalenvektor einer Geraden im 3-Dimensionalen
Man erhält im 3-Dimensionalen einen konkreten Normalenvektor \(\vec{n}\) einer Geraden g, der einfach aus den Koordinaten des Richtungsvektors \(\vec{r}\) der Geraden g zusammengesetzt werden kann, indem man den Richtungsvektor \(\vec{r}\) von g hernimmt,
- eine Koordinate durch 0 ersetzt,
- die beiden anderen Koordinaten vertauscht
- und eine der beiden vertauschten mit -1 multipliziert.
ACHTUNG: Dabei darf natürlich nicht der Nullvektor entstehen.
Je 3 Normalenvektoren einer Geraden in 3-Dimensionalen sind stets linear abhängig (sie sind alle parallel zu einer einzigen Ebene, also komplanar).
Das heißt: Man kann jeden Normalenvektor der Geraden als Linearkombination von je 2 linear unabhängigen Normalenvektoren der Geraden darstellen.
Aufgabe
In dem folgenden Geogebra-Applet können Sie versuchen, zu zufällig vorgegebenen Vektoren selber senkrechte Vektoren einzugeben.
Versuchen Sie, für jeden vorgegebenen Vektor jeweils verschiedene Lösungen zu finden.