Interaktion nach Erving Goffman

Im Allgemeinen bezeichnet Interaktion wechselseitiges und aufeinander bezogenes Handeln von Individuen. Näher betrachtet bedeutet Interaktion im soziologischen Verständnis die Kommunikation (face to face) unter Anwesenden. Bereits Mead war der Ansicht, dass der Ursprung sozialen Handelns in der Interaktion liegt. Verhaltensweisen in Interaktionen sind demnach sinngesteuert. Dem schließt sich Luhmann an und bezeichnet Interaktionen als Voraussetzung von Gesellschaft. Erving Goffman versteht die Interaktion zwischen Menschen als Inszenierung eines Theaterstückes.

Er ist der Annahme, dass das menschliche Verhalten von seinem sozialen Umfeld und dessen Beziehungen abhängt. Interaktion wird dazu benutzt um Situationen kontrollieren zu können. Der Mensch versucht mittels Kommunikation/ Gestik bei seinem Gegenüber bestimmte Eindrücke zu hinterlassen. Dies kann eine realistischer Eindruck sein oder aber auch eine kreierte Fassade (intendierter Eindruck) den das Individuums erzeugen möchte. Goffman bezeichnet deshalb den sozial Handelnden auch als Akteur, welcher sich auf einer Bühne bewegt und versucht den Erwartungen der anderen zu entsprechen.

Selbstdarstellung im Alltag:

Der Erfolg strategischen Handelns ist davon abhängig, ob das Individuum die Fähigkeit besitzt die Situation (Rahmung einer Handlung) so bestimmen zu können, um das Bestmöglichste für die persönliche Identität und Ziele herausgeschlagen zu können.

Die Identitätsbewahrung erfolgt demnach zwischen der Selbstverwirklichung einer Person und deren Ausführung der sozialen Rolle.

Die Selbstdarstellung und das Rollenspiel kann auf zwei „Bühnen“ stattfinden. Der Vorderbühne, welche vom Publikum einsehbar ist und der Hinterbühne, welche vom Publikum nicht beobachtet werden kann. Der Rollenspieler wird von Goffman mit der Theatersprache des „Akteur“ bezeichnet.

  • Akteur glaubt an seine Rolle und handelt aus Überzeugung heraus
  • der überzeugte Mathematiklehrer, glaubt an Nutzen des Faches…
  • Akteur glaubt nicht an seine Rolle
  • Situation für den Auftritt wird definiert: Klasse, Räumlichkeiten etc.
  • Lehrer verwendet disziplinarische Maßnahmen zur Motivation des Schülers
  • Soziale Fassade = Umfeld des Rollenspiels
  • Persönliche Fassade = Auftritt des Rollenspielers, Art und Weise wie er Rolle spielt
  • Erscheinungsbild des Lehrers durch z.B. Kleidung, Körperhaltung, Sprache
  • bestmögliche Inszenierung, Bedeutung der Handlung wird widergespiegelt
  • Lehrer unterstreicht seine Aussage einmalig ohne Redundanzen
  • Vermittlung des Idealbildes einer Rolle, negative Teile bleiben verborgen
  • Idealtypus des Lehrers = umfassendes Wissen und Kompetenz, mangelnde Fähigkeiten könnten Autorität untergraben
  • expressive Kontrolle fehlt u.a. bei Unfähigkeit, Unaufmerksamkeit
  • widerspruchsfreier Eindruck wird aufgebaut
  • Situation ohne Kontrolle (Lehrer stolpert im Klassenraum/ möglicher Autoritätsverlust) wird durch Handlungen wieder kontrolliert (Lehrer macht einen persönlichen Scherz über sich selbst und gewinnt dadurch an Sympathie)
  • Akteur zeigt Ausdruck der nicht der Realität entspricht
  • Offenkundige Lüge, Geheimnis, unangenehme Tatsache
  • Ehrliche Akteur vermeidet diese Technik,  der unehrliche wendet sie an
  • Der ehrliche Lehrer gibt einen Bewertungsfehler zu und verbessert ihn.
  • Der unehrliche Lehrer verschleiert diese Tatsache.
  • Akteur werden ungewöhnliche Eigenschaften zugeschrieben, hebt diesen von anderen Akteuren hervor
  • Spezifisches Mittel = soziale Distanz
  • Lehrer wird vom Schüler nur im Klassenraum/ Lehrerzimmer wahrgenommen
  • jedes Rollenspiel handelt auf beiden Ebenen
  • im Idealfall Balanceakt auf beiden Ebenen
  • Lehrer wird Unsicherheiten in Teilen verschleiern, Fehler werden so offenbart, dass Autorität nicht untergraben wird
  • Ensemble vor dem Publikum
  • Lehrerkollegium (stimmt sich auf Hinterbühne ab um auf Vorderbühne Rolle perfekt zu spielen) z.B. über die Umsetzung der Schulordnung
  • Ort an dem Rollenspiel stattfindet
  • Klassenzimmer, Schulhof
  • Wenn sich nicht den etablierten Rollen eines Teams entsprechen
  • Lehrer erzählt Studenten das neueste aus der Lehrerversammlung
  • auf der Hinterbühne ohne Darstellungszwänge
  • kommunizieren außerhalb der Rolle
  • Team kann hinter der Kulisse anders über Publikum sprechen als auf der Bühne

Demnach ist Identität nichts statisches, sondern wird in der Interaktion immer wieder neu ausgehandelt.

Aufgaben:

1 Diskutieren Sie: Sind wir wirklich so? Konzentriert sich unsere soziale Welt auf das Bild, das wir projizieren wollen? Sind soziale Netzwerke ein Überträger der Theorie?