Entnahmen aus den Gewinnrücklagen
Gründe für Entnahmen aus den Gewinnrücklagen
Das gezeichnete Kapital stellt das Haftungskapital einer Aktiengesellschaft dar. Da Teile des Gewinnes als zusätzliche Reserven zur Verfügung stehen sollen, werden sie als Gewinnrücklagen geführt. Diese Reserven dienen der Substanzerhaltung, können aber auch für in Zukunft anstehende Investitionen gebildet werden.
Die gebildeten Gewinnrücklagen können in Anspruch genommen werden, es kann folglich auch zu Entnahmen aus den Gewinnrücklagen kommen. Hier gilt, dass vorhandene frei verfügbare Rücklagen, wie die satzungsmäßigen und die anderen Gewinnrücklagen, zuerst aufgelöst werden müssen. Erst wenn hier keine Rücklagen mehr vorhanden sind, darf die gesetzliche Rücklage aufgelöst werden, wenn es dem Ausgleich eines Verlustes dient.
Die Auflösung von Gewinnrücklagen kann für anstehende Investitionen, besondere Ereignisse, zum Ausgleich eines Verlustes und zur Erhöhung der Dividendenausschüttung erfolgen. Gerade durch die Ausschüttung einer hohen Dividende an die Aktionäre erhöht sich das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Reicht der Jahresüberschuss einer Aktiengesellschaft nicht aus, um die gewünschte Dividende auszuschütten, so kann ein fehlender Betrag aus den frei verfügbaren Rücklagen entnommen werden.
Beispiel
Aufgrund enormer konjunktureller Schwankungen stellt sich für die BOS AG das Jahr 09 als schwieriges Geschäftsjahr dar. Die Bilanz weist unter anderem folgende Werte aus (Beträge in Mio. €):
| gezeichnetes Kapital | 90,00 | |
| Kapitalrücklage | 6,00 | |
| gesetzliche Rücklagen | 2,90 | |
| andere Gewinnrücklagen | 30,00 |
Ein Gewinnvortrag aus dem Vorjahr besteht nicht, der Jahresüberschuss für das Jahr 09 beträgt 9,00 Mio. €. Für das Jahr 09 sind 0,10 Mio. € in die gesetzliche Rücklage einzustellen. Vorstand und Aufsichtsrat wollen wie in den letzten Jahren eine Dividende von 7,00 € auf einen Nennwert von 50,00 € ausschütten. Ein Gewinnvortrag für das nächste Jahr ist nicht geplant.
Es ist zu prüfen, ob der Jahresüberschuss ausreicht, um die geplante Dividende auszuschütten:
| Dividende in Prozent | = | Stückdividende | = | 7,00 | = | 14% | |
| Nennbetrag | 50,00 |
Um die Dividende von 14 % ausschütten zu können, müssen dem Unternehmen 12,60 Mio. € zur Verfügung stehen:
| Dividende in Euro | = | prozentuale Dividende · gezeichnetes Kapital | = | 14% · 90 Mio. | = | 12,6 Mio. € |
Der in diesem Geschäftsjahr erzielte Jahresüberschuss reicht nicht aus, um die geplante Dividende auszuschütten. Der Bilanzgewinn muss also erhöht werden. Um einen entsprechenden Bilanzgewinn auszuweisen, muss ein Betrag aus den anderen Gewinnrücklagen entnommen werden.
| in Mio. € | |||
| Jahresüberschuss | 9,00 | ||
| + | Gewinnvortrag | 0,00 | |
| = | zu verteilender Gewinn | 9,00 | |
| – | Einstellung in die gesetzlichen Rücklagen | 0,10 | |
| + | Entnahme aus den anderen Gewinnrücklagen | 3,70 | |
| = | Bilanzgewinn | 12,60 | |
| – | Dividende | 12,60 | |
| = | Gewinnvortrag | 0,00 |
Bilanzausschnitt nach teilweiser Verwendung des Ergebnisses (Beträge in Mio. €):
| Bilanz | Passiva | |
| I. gezeichnetes Kapital | 90,00 | |
| II. Kapitalrücklage | 6,00 | |
| III. Gewinnrücklagen | ||
| 1. gesetzliche Rücklage | 3,00 | (2,90 + 0,10) |
| 2. andere Gewinnrücklagen | 26,30 | (30,00 – 3,70) |
| IV. Bilanzgewinn | 12,60 | |
| Summe | 137,90 |
Bilanzausschnitt nach vollständiger Verwendung des Ergebnisses (Beträge in Mio. €)
| Bilanz | Passiva | |
| I. gezeichnetes Kapital | 90,00 | |
| II. Kapitalrücklage | 6,00 | |
| III. Gewinnrücklagen | ||
| 1. gesetzliche Rücklage | 3,00 | |
| 2. andere Gewinnrücklagen | 26,30 | |
| IV. Gewinnvortrag | 0,00 | |
| Summe Eigenkapital | 125,30 |
Wie man erkennt, hat sich die Summe des Eigenkapitals um den Betrag der Dividendenausschüttung verringert.
Entnahmen aus den Gewinnrücklagen: Aufgaben
Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:
Aufgaben:
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1.1 Berechnen Sie den Bilanzgewinn.
1.2 Für das kommende Jahr soll mindestens ein Gewinnvortrag in Höhe von 60.000,00 € verbleiben. Berechnen Sie wie viel Prozent Dividende (volle Prozentzahl) ausgeschüttet werden kann und ermitteln Sie den tatsächlichen Ergebnisvortrag. Stellen Sie die Positionen des Eigenkapitals zum 31.12.09 nach vollständiger Ergebnisverwendung dar.
2 Es liegen folgende Auszüge aus zwei Schlussbilanzen einer Aktiengesellschaft vor (Beträge in Mio. €):
| Jahr | 05 | 06 | |
| gezeichnetes Kapital | 1.000,00 | 1.000,00 | |
| Kapitalrücklage | 30,00 | 30,00 | |
| gesetzliche Rücklage | 69,00 | 70,00 | |
| andere Gewinnrücklagen | 780,00 | 749,00 | |
| Bilanzgewinn | 65,00 | 60,00 |
Im Jahr 05 wurde eine Dividende in Höhe von 6% ausgeschüttet.
2.1 Berechnen Sie für das Jahr 06 den Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag. Ein Bilanzgewinn ist möglichst voll auszuschütten, die Dividende auf ein halbes Prozent genau zu berechnen. Im Jahr 07 sollen mindestens 4,00 Mio. € vorgetragen werden. Ermitteln Sie für das Jahr 06 die Dividende.
2.2 Im Jahr 05 wurden 23,00 Mio. € aus den anderen Gewinnrücklagen entnommen und 5% des Jahresüberschusses in die gesetzlichen Rücklagen eingestellt. Aus dem Jahr 04 wurde ein Gewinn von 4,00 Mio. € vorgetragen. Ermitteln Sie für das Jahr 05 den Jahresüberschuss.