Kapitalerhöhung

Gründe für eine Kapitalerhöhung

Durch eine Kapitalerhöhung fließen der Aktiengesellschaft finanzielle Mittel zu. Die Unternehmen verbreitern durch die Emission (Ausgabe) junger Aktien ihre Eigenkapitalbasis, das Haftungskapital erhöht sich und damit verbessert sich die Kreditwürdigkeit gegenüber Gläubigern. Die Ausgabe junger Aktien zählt zur Eigen- und Außenfinanzierung. Eigenfinanzierung deshalb, weil die Geldgeber Miteigentümer am Unternehmen werden und Außenfinanzierung, weil das Geld von außen zugeführt wird.

Ausgabekurs in Euro und in Prozent

Die Eigenkapitalpositionen der BOS AG zeigen zum jeweiligen Bilanzstichtag der Jahre 08 und 09 vor Ergebnisverwendung folgende Beträge in Tsd. €:

 Bilanz zum
31.12.08 31.12.09
I. gezeichnetes Kapital 3.000 3.500
II. Kapitalrücklage 200 550
III. Gewinnrücklagen    
1. gesetzliche Rücklage 100 120
2. satzungsmäßige Rücklage 53 53
3. andere Gewinnrücklagen 82 92
IV. Gewinnvortrag 35 65
V. Jahresüberschuss 4.860 5.150


Der Nennwert einer Aktie beträgt 5,00 €. Zu Beginn des Jahres 09 emittiert die BOS AG 100.000 junge Aktien zu 170%. Das heißt, für eine Aktie mit einem Nennwert von 5,00 € pro Stück nimmt die BOS AG 8,50 € ein.

Nennwert pro Aktie 5,00 € 100% gezeichnetes Kapital
+ Agio (Aufgeld) pro Aktie 3,50 € 70% Kapitalrücklage
= Kurswert pro Aktie 8,50 € 170% Zufluss flüssiger Mittel


Durch die Kapitalerhöhung ändert sich sowohl das gezeichnete Kapital als auch die Kapitalrücklage. Der Nennwert der jungen Aktien fließt in das gezeichnete Kapital und der über den Nennwert hinaus gehende Betrag, das Agio, in die Kapitalrücklage.

31.12.08 Erhöhung 31.12.09
gezeichnetes Kapital 3.000,00 T€ 100.000 Stück · 5,00 € = 500 T€ 3.500,00 T€
Kapitalrücklage 200,00 T€ 100.000 Stück · 3,50 € = 350 T€ 550,00 T€
gesamter Mittelzufluss 850 T€


Der Ausgabekurs in Prozent zeigt das prozentuale Verhältnis zwischen dem Kurswert und dem Nennwert der Aktien. Man kann es durch die Betrachtung der Werte pro Stück oder auf Gesamtbasis ermitteln:

Ausgabekurs in Prozent Kurswert · 100%
Nennwert
8,50 · 100% = 170%
5,00


Oder:

Ausgabekurs in Prozent

gesamter Mittelzufluss · 100%
Erhöhung des gez. Kapitals

850 · 100% = 170%
500

Bezugsverhältnis

Weil sich bei der Ausgabe junger Aktien die Stimmrechtsverhältnisse ändern, bekommen die bisherigen Aktionäre die jungen Aktien bevorzugt angeboten, man spricht von einem Bezugsrecht. Für sechs alte Aktien hat man das Recht eine junge Aktie zu erwerben. Das Bezugsverhältnis wird ermittelt, indem man die Anzahl der bisherigen Aktien ins Verhältnis zur Anzahl der jungen Aktien setzt.

Die Anzahl der alten Aktien beträgt 600.000 Stück (3.000.000,00 : 5,00). In diesem Beispiel ist die Anzahl der neu ausgegebenen Aktien mit 100.000 Stück gegeben, sie lässt sich errechnen, indem man die Veränderung des gezeichneten Kapitals durch den Nennwert teilt (850.000,00 : 5,00).

Bezugsverhältnis

Anzahl der alten Aktien : Anzahl der jungen Aktien

600.000 : 100.000 6 : 1

Anteilige Dividendenberechtigung

Kapitalerhöhungen finden meistens während des Jahres statt. Deshalb halten es manche Aktiengesellschaften für berechtigt, die Dividende für die jungen Aktien zeitanteilig auszuzahlen.

Die Hauptversammlung der BOS AG beschließt, für die jungen Aktien die Hälfte der Dividende zu zahlen. Die Dividende soll auf einen vollen Eurobetrag lauten, ein Verlustvortrag darf nicht entstehen. Während die gesetzliche Rücklagenpflicht nun erfüllt ist, werden den anderen Gewinnrücklagen wie im Vorjahr 10 T€ zugeführt. Dadurch entsteht ein maximal für die Dividende zur Verfügung stehender Bilanzgewinn in Höhe von 5.205 T€.

Jahresüberschuss 5.150 T€
+ Gewinnvortrag aus 08 65 T€
Einstellung andere GRL 10 T€
= Bilanzgewinn 5.205 T€

Der Bilanzgewinn wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Für 600.000 Stück wird die volle Dividende und für 100.000 Stück nur die Hälfte gezahlt:

600.000 Stück · Stückdividende + 100.000 Stück · 1/2 · Stückdividende = 5.205.000,00 €

Durch Auflösung dieser Gleichung ergibt sich eine gerundete Stückdividende in Höhe von 8,01 €. Da die Dividende auf einen vollen Eurobetrag lauten und kein Verlust in das neue Jahr vorgetragen werden soll, wird die Dividende für die Altaktien auf 8,00 € abgerundet. Für die jungen Aktien werden 4,00 € Stückdividende gezahlt.

Bilanzgewinn 5.205 T€
Dividende 5.200 T€ 600.000 · 8,00 + 100.000 · 4,00
= Gewinnvortrag nach 10 5 T€

Kapitalerhöhung: Aufgaben

Testen Sie Ihr Wissen an folgenden Beispielen:

Aufgaben:

1 Die X AG weist das Eigenkapital der Jahre 08 und 09 folgendermaßen aus (in Tsd. €):

31.12.08

31.12.09

gezeichnetes Kapital 15.000 17.000
Kapitalrücklage 600 1.400
gesetzliche Rücklage 260 300
andere Gewinnrücklagen 2.500 ?
Bilanzgewinn 1.080 ?

Der Nennwert beträgt von 50,00 € pro Aktie.

Die X AG schüttet für das Jahr 08 die höchstmögliche Dividende in vollen Prozent aus.

Im Jahr 09 wird eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe junger Aktien vorgenommen. Die jungen Aktien sind voll dividendenberechtigt. Für das Jahr 09 weist die Gewinn- und Verlustrechnung der X AG einen Jahresüberschuss von 1.300 T€ aus. Die Hauptversammlung beschließt, für das Jahr 09 eine Stückdividende von 4,00 € auszuschütten. In das Jahr 10 soll weder ein Gewinn- noch ein Verlustvortrag übertragen werden, deshalb werden die anderen Gewinnrücklagen entsprechend angepasst.

1.1 Stellen Sie die Ergebnisverwendung für 09 vollständig dar.

1.2 Ergänzen Sie die fehlenden Bilanzpositionen der Schlussbilanz 09.

1.3 Ermitteln Sie den Ausgabekurs der jungen Aktien in Euro und in Prozent.

2 Die Bilanzen der Y AG weisen für 09 und 10 folgende Eigenkapitalpositionen (in Tsd. €) aus:

31.12.09 31.12.10
gezeichnetes Kapital 70.000 75.000
Kapitalrücklage 2.000 4.500
gesetzliche Rücklage 2.800 3.000
andere Gewinnrücklagen 14.000 16.800
Bilanzgewinn 9.000 8.400

Der Nennwert einer Aktie lautet auf 1,00 €. Für das Jahr 09 wurden 12% Dividende ausgeschüttet. Die Kapitalerhöhung fand im Juli des Jahres 10 statt. Deshalb sind die jungen Aktien nur für 6 Monate dividendenberechtigt. Es soll eine auf volle 5 Cent lautende Dividende ausgezahlt werden, ohne dass ein Verlust in das Jahr 11 vorgetragen wird.

2.1 Ermitteln Sie den Ausgabekurs der neuen Aktien in Euro.

2.2 Ermitteln Sie den Jahresüberschuss zum 31.12.10.

2.3 Ermitteln Sie den Ergebnisvortrag in das Jahr 11.

3 Die Z AG weist ihre Eigenkapitalpositionen für die Jahre 08 und 09 folgendermaßen aus (Beträge in Tsd. €):

31.12.08 31.12.09
gezeichnetes Kapital ? 28.000
Kapitalrücklage ? 2.100
gesetzliche Rücklage 660 700
andere Gewinnrücklagen 2.200 2.105
Bilanzgewinn ? 905


Aus dem Geschäftsjahr 08 wurde ein Gewinn von 50,00 T€ in das Jahr 09 vorgetragen. Im Verlauf des Geschäftsjahres 09 erfolgte eine Kapitalerhöhung. Dabei wurden 20.000 neue Aktien mit einem Nennwert von 50,00 € zum Kurs von 160% emittiert.

Aus der Erfolgsrechnung des Unternehmens lassen sich zum 31.12.09 unter anderem folgende Zahlen in Tsd. € entnehmen:

Betriebliche Steuern 15 Übrige betriebliche Aufwendungen 3.570
Übrige betriebliche Erträge 4.540 Verluste aus dem Abgang von AV 35
Außerordentliche Aufwendungen 20 Finanzergebnis (Verlust) 5
Bestandsmehrung 155 Jahresüberschuss 800

3.1 Stellen Sie die Bilanzpositionen des Eigenkapitals zum 31.12.08 nach vollständiger Ergebnisverwendung dar.

3.2 Ermitteln Sie im Rahmen der verkürzten GuV-Rechnung die Höhe der Steuern vom Einkommen und Ertrag zum 31.12.09. Außerordentliche Erträge traten nicht auf.

Lösungen

Dividende 08: 1.080 · 100% : 15.000 = 7,2%, d.h. 7%
7% vom gez. Kapital = 1.050,00
GV 09 = BG – Dividende = 1.080,00 – 1.050,00 = 30,00

Berechnung des notwendigen Bilanzgewinns 09:

Anzahl der Aktien: 17.000,00 (in T€) / 50,00 = 340.000 Stück

Benötigte Dividende/Bilanzgewinn: 340.000 Stück * 4,00 € Dividende pro Stück = 1.360,00 (in T€)

Variante der Berechnung:

Berechnung des notwendigen Bilanzgewinns 09:

4,00 € Dividende pro 50,00 € Aktie = 8% Dividende

notwendiger Bilanzgewinn: 8% vom gezeichneten Kapital = 8% von 17.000,00 = 1.360,00 (in T€)

Ergebnisverwendung 09:

Jahresüberschuss 1.300
+ Gewinnvortrag aus 08 30
Einstellung gesetzliche RL 40
+ Entnahme andere GRL 70
= Bilanzgewinn 1.360
Dividende 09 1.360
= Ergebnisvortrag 0

and. Gewinnrücklagen = 2.500 – 70 = 2.430 T€
Bilanzgewinn = 1.360 T€

Ausgabekurs in Prozent:
(2.000 + 800) · 100% : 2.000 = 140%
Ausgabekurs in Euro:
50,00 · 140% = 70,00 €

Ausgabekurs in Prozent:
7.500,00 · 100% : 5.000,00 = 150%
Ausgabekurs in Euro:
1,00  · 150% = 1,50 €

  Bilanzgewinn 09 9.000
– 12% Dividende 09 8.400
= Gewinnvortrag nach 10 600
  JÜ 10 10.800
+ GV aus 09 600
– Einst. ges. RL 200     3.000 –   2.800
– Einst. and. GRL 2.800   16.800 – 14.000
  Bilanzgewinn 8.400

Stückdividende:
8.400 = 70.000 · x + 5.000 · 6/12 · x
x = 0,11 €
Damit kein Verlustvortrag entsteht, wird auf 0,10 € abgerundet.Dividende gesamt:
70.000 · 0,10 + 5.000 · 0,05 = 7.250 T€

Gewinnvortrag nach 11:
8.400 – 7.250 = 1.150 T€

I.   gez. Kapital 27.000 Nebenrechnung 1
II.   KRL 1.500 Nebenrechnung 2
III.  GRL
     1. gesetzliche RL 660
     2. andere GRL 2.200
IV. GV 50

Nebenrechnung 1:
20.000 · 50,00 : 1.000 = 1.000 T€ Erhöhung gez. Kap.
28.000 – 1.000 = 27.000 T€

Nebenrechnung 2:
160% = 80,00 €
30 · 20.000 : 1.000 = 600 T€ Erhöhung KRL
2.100 – 600 = 1.500 T€

Betriebsergebnis 1.075
Finanzergebnis 5
= Ergebnis der gew. Geschäftstätigkeit 1.070
außerordentliches Ergebnis 20
= Ergebnis vor Steuern E/E 1.050
Steuern von Einkommen und Ertrag 250
= Jahresüberschuss 800